Full text: König Albert von Sachsen. Ein Lebensbild.

— 58 — 
gehen Frankreichs große Entrüstung hervorgerufen. Man 
verlangte namentlich in Süddeutschland und Sachsen eine 
offene Unterstützung des Kaiserstaats, der den Krieg gern zu 
einer Bundesangelegenheit gemacht hätte. In Berlin herrschte 
eine kühlere Temperatur; schon machte sich da der Einfluß 
des Herrn von Bismarck geltend; man hielt da fest an der 
Politik der freien Hand, die man aber auch schon den 
verlockenden französischen Bundesanerbietungen gegenüber be- 
wiesen hatte. Jedenfalls verlangte Preußen, wenn es Öster- 
reich beispringen sollte, das Oberkommando über die deutschen 
Bundestruppen, was Osterreich hingegen unannehmbar 
fand. Während man sich noch darüber am Bunde hin und 
herstritt, fiel zur ziemlichen überraschung Europas die Ent- 
scheidung. In einer persönlichen Unterredung mit Kaiser 
Napoleon zu Villafrance am 11. Juli ließ sich Kaiser 
Franz Josef, der vor der Schlacht von Solferino persönlich 
den Oberbefehl über die österreichischen Truppen in Italien 
übernommen hatte, zur Annahme der Friedenspräliminarien 
bestimmen, die dann am 10. Nov. 1859 zum Frieden von 
Zürich führten. — In Sachsen hatte man aus den ver- 
schiedensten Gründen Interesse für den italienischen Krieg. 
In der Bevölkerung regte sich der deutsch-nationale Geist, 
der seit 1849 begraben worden war; man hoffte, daß aus 
diesem Kriege ein neues, gestärktes Deutschland hervorgehen 
möchte. Die Stände der Oberlausitz hatten sich bereits am 
2. April in einer Adresse an König Johann für eine kräftige 
Bundespolitik verwandt und die gleiche Stimmung fand auf 
dem für den 23. Mai einberufenen Landtag ihren Ausdruck. 
Die kriegerische Stimmung wuchs, als im April 60000 Oster- 
reicher, die in der ersten Voraussicht eines Hauptkampfes 
am Rhein in Böhmen gesammelt worden waren, nun 16 Tage 
lang in ununterbrochenen Bahnzügen das Land passierten, 
um durch Bayern nach Italien geworfen zu werden. Hierbei 
prägte sich so recht in das Herz der Bevölkerung die Uber- 
zeugung von der österreichischen Macht ein, während man 
in dem vorerwähnten Ansinnen Preußens die Führung der 
deutschen Kontingente als leitende Vormacht in die Hand 
zu nehmen, nach den Erfahrungen der letzten Jahre in den 
meisten Kreisen nur eine unberechtigte Anmaßung sah. Auch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.