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gehen Frankreichs große Entrüstung hervorgerufen. Man
verlangte namentlich in Süddeutschland und Sachsen eine
offene Unterstützung des Kaiserstaats, der den Krieg gern zu
einer Bundesangelegenheit gemacht hätte. In Berlin herrschte
eine kühlere Temperatur; schon machte sich da der Einfluß
des Herrn von Bismarck geltend; man hielt da fest an der
Politik der freien Hand, die man aber auch schon den
verlockenden französischen Bundesanerbietungen gegenüber be-
wiesen hatte. Jedenfalls verlangte Preußen, wenn es Öster-
reich beispringen sollte, das Oberkommando über die deutschen
Bundestruppen, was Osterreich hingegen unannehmbar
fand. Während man sich noch darüber am Bunde hin und
herstritt, fiel zur ziemlichen überraschung Europas die Ent-
scheidung. In einer persönlichen Unterredung mit Kaiser
Napoleon zu Villafrance am 11. Juli ließ sich Kaiser
Franz Josef, der vor der Schlacht von Solferino persönlich
den Oberbefehl über die österreichischen Truppen in Italien
übernommen hatte, zur Annahme der Friedenspräliminarien
bestimmen, die dann am 10. Nov. 1859 zum Frieden von
Zürich führten. — In Sachsen hatte man aus den ver-
schiedensten Gründen Interesse für den italienischen Krieg.
In der Bevölkerung regte sich der deutsch-nationale Geist,
der seit 1849 begraben worden war; man hoffte, daß aus
diesem Kriege ein neues, gestärktes Deutschland hervorgehen
möchte. Die Stände der Oberlausitz hatten sich bereits am
2. April in einer Adresse an König Johann für eine kräftige
Bundespolitik verwandt und die gleiche Stimmung fand auf
dem für den 23. Mai einberufenen Landtag ihren Ausdruck.
Die kriegerische Stimmung wuchs, als im April 60000 Oster-
reicher, die in der ersten Voraussicht eines Hauptkampfes
am Rhein in Böhmen gesammelt worden waren, nun 16 Tage
lang in ununterbrochenen Bahnzügen das Land passierten,
um durch Bayern nach Italien geworfen zu werden. Hierbei
prägte sich so recht in das Herz der Bevölkerung die Uber-
zeugung von der österreichischen Macht ein, während man
in dem vorerwähnten Ansinnen Preußens die Führung der
deutschen Kontingente als leitende Vormacht in die Hand
zu nehmen, nach den Erfahrungen der letzten Jahre in den
meisten Kreisen nur eine unberechtigte Anmaßung sah. Auch