Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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durch für Hunderte und Tausende die Ursache des furchtbaren Todes 
geworden! 
Mit Ausgang des Jahres 1351 schien allenthalben in deutschen 
Landen eine Pause in der Sterblichkeit eingetreten zu sein; dann kam 
nach geringerem Aufflackern der Krankheit an einigen Orten, z. B. in 
Erfurt 1354, eine zweite Epidemie 1356 und dauerte mit verschiedener 
lokaler Stärke bis 1358; Ende der fünfziger Jahre gelangte sie auch 
nach den östlichen Teilen des Reiches und nach Polen, von wo sie 
bisher durch besonders strenge Grenzaufsicht zurückgehalten worden 
war. Das dritte Auftreten der Kraukheit fällt in das Ende der sech- 
ziger und Anfang der siebziger Jahre, das vierte in den Anfang der 
achtziger Jahre. Es würde zu weit führen, diese Wiederholungen im 
einzelnen aufzuzählen, genug, daß bald hier, bald dort in der ganzen 
uns hier vorliegenden Periode bis an den Anfang des 15. Jahr- 
hunderts Pestausbrüche in bald größerem, bald geringerem Umfange 
berichtet werden. Die Krankheit verlor, wie fast alle endemisch ge- 
wordenen, ihren epidemischen Charakter mit massenweiser Hinwegraffung, 
entbehrte auch, soweit die Schilderungen zuverlässig sind, der Kompli- 
kation mit einer Lungenaffektion. 
Es kann kein Zweifel obwalten, daß die Pest auch die allgemeine 
Sittlichkeit beeinflußte. Während die einen die erzürnte Gottheit durch 
gesteigerte Frömmigkeit und erhöhte Bußfertigkeit zu versöhnen suchten, 
lebten die anderen nach dem Satze: „lasset uns essen und trinken und 
fröhlich sein, denn morgen sind wir tot“ in ausschweifendstem Maße. 
Und davon blieb dann auch noch ein lberbleibsel zurück, als ruhigere 
Zeiten gekommen waren, und man sich wieder auf sich selbst besinnen 
lernte. Gerade nach der Mitte des 14. Jahrhunderts erscheinen immer 
wiederholt jene Kleider= und Luxusverordnungen, die in ihrer Wieder- 
bolung den Beweis ihrer Nichtbefolgung bergen; es mag dabei an den 
vorerwähnten Großen Stadt-Zucht-Brief der Stadt Erfurt vom Jahre 
1351 crinnert sein. — Gleichermaßen wurden die wirtschaftlichen Ver- 
hältnisse durch die Krankheit mächtig beeinflußt. Wenngleich wir schon 
früher zu den Verlustangaben Erfurts ein Fragezeichen gesetzt haben, 
so gilt dies doch nur der absoluten Angabe; der relative Verlust, d. h. 
das Verhältnis der Gestorbenen zur Gesamtzahl der Bevölkerung, war 
jedenfalls außergewöhnlich groß. Das Sterben betraf naturgemäß die
	        
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