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Aus der Ehe des Obersten der kurfürstlichen Leibgarde
Rudolf von Neitzschütz mit einer geborenen von Haugwitz, war am
8. Febr. 1675 eine Tochter hervorgegangen, Magdalena Si-
bylla, die bei offenbar sehr frühzeitiger Entwickelung schon mit
dreizehn Jahren an den Hosf gebracht wurde und alsbald sich die
leidenschaftliche Zuneigung des Kurprinzen errang. Weder die
mütterlichen Mahnungen, noch die vorerwähnten Reisen und Feld-
züge änderten etwas an der kurprinzlichen Gesinnung. Und wenn
man von dem sonstigen Scharfblick des jungen Fürsten hört, nimmt
es doppelt wunder, wenn die Neitzschütz als so dumm geschildert
wird, daß sie sich die Liebesbriefe von der Mutter habe diktieren
lassen müssen. Kurfürst geworden, hielt Johann Georg IV. an
seiner Liebe erst recht fest. Nach einer im Dresdener Archiv
befindlichen Urkunde hätte er schon am 16. Okt. 1691 mit Namens-
unterschrift und Siegel an Eidesstatt die Erklärung abgegeben,
weil es keine formelle Kopulation gegeben habe, wolle er das
einander vor den Eltern gegebene Versprechen für eine rechte
Ehe halten, so daß Sibylla als Gräfin — welchen Titel und
Rang er ihr beim Kaiser auswirken werde — und die Kinder
als ehelich zu betrachten seien, doch ohne Sukzession in den
Kurlanden; diese gebühre den Kindern einer zweiten ebenbürtigen
Frau, welche zu wählen der Kurfürst sich vorbehalte, da Zwei-
weiberei in der Heiligen Schrift nicht verboten und von der Kirche
mehrmals verstattet worden sei. — Aber freilich hat dann die
Untersuchung gegen die Mutter ergeben, daß dieses Dokument
erst 1693 ausgefertigt und im Interesse ihrer Tochter zurück-
datiert worden sei.
Die in der Urkunde angenommene Eventualität einer standes-
gemäßen Ehe verwirklichte sich 1692, nachdem Johann Georg
auf ganz besonderen Wunsch seiner Mutter sich mit Eleonore
Erdmuthe Louise, der verwitweten Markgräfin von Anspach aus
dem sachsen-eisenachschen Hause verlobt hatte. Die Neitzschütz sollte
mit einem Jahrgehalt von 4000 Gulden auf die Seite geschoben
werden. Als aber am 15. April 1692 die Braut, begleitet vom
Kurfürsten von Brandenburg und dessen Gemahlin, in Leipzig
ihren feierlichen Einzug hielt — schaute Johann Georg diesem