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jahrsblätter und Blums Sachsische Vaterlandsblätter. Die aus-
ländischen, d. h. nichtsächsischen Literaten wurden einfach aus-
gewiesen, eine Maßregel, die auf die in der Kammer dann er-
folgten Reklamationen wieder zurückgenommen wurde. Es cha-
rakterisierte den unglaublichen Zustand der Dinge vorzüglich, wenn
der Firma Brockhaus in Leipzig nicht gestattet wurde, ungarische
Werke zu drucken, weil die sächsische Regierung über keinen Zensor
verfügte, der des Ungarischen mächtig war. Besonderen Zorn
aber wandte das Ministerium dem Professor Karl Biedermann
zu, als dieser beim Konstitutionsfeste von 1845 in einer Rede
das herrschende System einer abfälligen Kritik unterzogen hatte.
Es wurde ihm die Abhaltung von Vorlesungen untersagt und
dies Verbot blieb auch dann bestehen, als die durch drei In-
stanzen gegen ihn geführte Untersuchung kein greifbares Resul-
tat ergeben hatte. Seine vorerwähnte „Deutsche Monatsschrift“
hatte er soeben in die Vierteljahrsschrift „Unsere Gegenwart und
Zukunft“ umgewandelt; sie wurde wegen eines Artikels „Säch-
sische Zustände“ von der Kreisdirektion gleich in einer ihrer ersten
Nummern beschlagnahmt, dann aber vom Ministerium des Innern
wieder freigegeben mit einer zugleich veröffentlichten Erklärung
des Gesamtministeriums, daß die in dem inkriminierten Artikel
enthaltenen Angriffe auf mehrere Minister zu unwürdig seien,
als daß man sie auf irgend eine Weise beachten dürfe; hierauf
erlebte die beschlagnahmte Nummer in kurzer Zeit drei Auflagen.
Aber der neue Kurs, den man nun endlich in Preußen mit
der Berufung des Vereinigten Landtags einschlug, die üblen
Erfahrungen, die man dort mit dem 1843 begründeten Ober-
Zensur-Gericht gemacht hatte, das immer noch glimpflicher
verfuhr, als die sächsische Zensur, schließlich der am Bundestag
von Preußen im Juli 1847 gestellte Antrag, daß die Aufhebung
der Zensur jedem Einzelstaate zu verstatten sei — alles dies
wirkte doch schließlich vereint mit der Macht der Umstände auf
Sachsen zurück. Der bislang durchaus mit Könneritz in der Preß-
frage Hand in Hand gegangene Minister von Falkenstein arbeitete
einen Entwurf zu einem auf völliger Zensurfreiheit beruhenden
Preßgesetze aus, der dem nächsten Landtage vorgelegt werden sollte.