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Hände Preußens. Sie erhielt dagegen am 24. Mai die Antwort,
daß der Reichsverweser bei Bestimmung des Zeitpunktes für diese
Niederlegung lediglich das Interesse Deutschlands — er meinte
jedoch das Interesse Osterreichs — konsultiere und keiner Macht
der Erde das Recht zugestehe, ihn von dem ihm anvertrauten
Posten zu verdrängen.
Trotzdem sich nun Osterreich durch die Gesamtverfassung vom
4. März 1849 aus dem vertragsmäßigen Zusammenhange mit
dem deutschen Bunde gebracht und daher faktisch jeden Anspruch
auf Mitwirkung bei dessen Neugestaltung verwirkt hatte, so sandte
Friedrich Wilhelm doch den General von Canitz nach Wien, um
dort seine Reformpläne vorlegen zu lassen. Indem er ausdrücklich
das Fortbestehen des deutschen Bundes anerkannte, nahm er auf
Grund des Artikels XI der Bundesakte das Recht für sich in
Anspruch, einen engeren Bund im Bunde zu bilden, der dann
mit Osterreich eine Union schließen solle in der Art, daß diese
Union dem Auslande gegenüber eine Einheit darstelle. Doch erzielte
Canitz keine Zustimmung und verließ am 25. Mai Wien. Inzwischen
hatten zu Berlin am 17. Mai die Konferenzen begonnen, zu denen
die preußische Regierung die anderen Regierungen mit dem aus-
gesprochenen Zwecke hatte einladen lassen, eine Reform und engere
Einigung des deutschen Staatenbundes zuwege zu bringen. Acht-
undzwanzig Regierungen hatten um des formellen Grundes willen,
weil sie die Reichsverfassung anerkannt hätten, die Beteiligung
abgelehnt. Die einzigen Teilnehmer blieben demnach Bayern,
Hannover und Sachsen. Von diesen war Bayern, in dem der
frühere sächsische Minister von der Pfordten die auswärtige Politik
leitete, zweifellos nicht gewillt, sich einer dominierenden Stellung
Preußens unterzuordnen; ebensowenig Sympathien für die An-
erkennung einer preußischen Vorherrschaft ließen sich bei Hannover
voraussetzen. Was Sachsen anlangte, so mußte man bei seinem
Könige den guten Willen zur Schaffung eines Einheitswerkes
zweifellos voraussetzen. In seiner Proklamation vom 9. Mai hieß
es, wie schon teilweise mitgeteilt wurde: „Auch in meiner Brust
schlägt ein deutsches Herz; auch ich will Deutschlands Größe und
Glanz. Ich will aber, daß so erhabenes Ziel auf gesetzmäßigem
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