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fahren und damit den wirtschaftlichen Ruin von so vielen Leip-
ziger Firmen — es kamen im ganzen nicht weniger als zwei-
undfünfzig in Betracht — wenn irgend möglich, abzuwenden.
Der zunächst hier in Tätigkeit tretende Finanzminister Behr hatte
ganz recht, erst die Entscheidung der Gerichte abzuwarten. Aber
dann beging er den Fehler, die Handlungsweise der Leipziger
Firmen bei der Zollkonferenz damit zu entschuldigen, daß ja durch
deren Gebaren der Zollfiskus nicht geschädigt worden sei, was
namentlich den zahlreichen süddeutschen Gegnern des Kontierungs-
privilegs eine willkommene Waffe in die Hand lieferte. Friesen,
seit dem 2. Jan. 1859 sein Nachfolger, fing die Sache klüger
an. Er ging in seinem Schreiben vom 26. März 1859 von
dem Gedanken aus, daß es bislang, ehe die Entscheidung der
zuständigen Gerichte erfolgt sei, zweifelhaft habe sein dürfen, ob
in dem Verfahren der Leipziger Häuser ein wirkliches Zoll-
vergehen oder nur eine erlaubte Handelskulanz zu erblicken sei.
Nun aber, da das gerichtliche Urteil die letztere Auffassung als
irrtümlich erklärt habe, werde die sächsische Regierung nicht an-
stehen, gegen alle in dieser Beziehung schuldigen Konteninhaber
mit unnachsichtlicher Strenge durch Entziehung des Privilegs vor-
zugehen. Dagegen erwarte die sächsische Regierung von der preußi-
schen und den übrigen Zollvereinsregierungen, daß sie bei dieser
bestimmten Erklärung Beruhigung fassen und von weiterem Vor-
gehen gegen die Einrichtung selbst absehen würden. Das geschah
denn auch, obwohl man leicht einsieht, daß bei minder gutem
Willen auf der anderen Seite mit voller Berechtigung auch ein
ganz anderes Verfahren hätte beliebt werden können. Auch weiter-
hin zeigte sich die preußische Regierung entgegenkommend. Von
den genannten 52 Fällen nämlich hatten nur zehn sich dem Urteile der
unteren Instanz, nämlich der Zoll= und Steuerdirektion, unter-
worfen. Die 42 übrigen Angeklagten hatten Einspruch beim
Oberappellationsgericht erhoben, waren aber hier auch nicht besser
weggekommen Insgesamt beliefen sich die zudiktierten Geldstrafen
auf 491.093 Taler, für die alle Verurteilten um Gnade nach-
gesucht hatten; Friesen fand bei seinem Antritte diese Gesuche
unerledigt vor und wurde nun in Berlin zu ihren Gunsten vor-