Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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sich die erforderlichen Mittel durch Erschließung neuer Einnahme- 
quellen verschaffe und nicht auf ungedeckte Matrikularbeiträge zu- 
rückgreife, 2. alle Versuche, in das Gebiet der den Einzelstaaten 
verbliebenen direkten Besteuerung einzugreifen — man dachte da- 
mals u. a. an eine Reichseinkommensteuer — zurückgewiesen 
würden, 3. hinsichtlich der Aufbringung der Mittel zur Durch- 
führung der Gesetzesvorlage seitens der verbündeten Regierungen 
jede Maßnahme, die den Anschein einer Stellungnahme gegen 
das System der indirekten Besteuerung erwecken könne, vermieden 
werde. — Die Regierung erklärte ihre Zustimmung, worauf der 
der Landtag am 19. Mai geschlossen wurde. — — 
Das Jahr 1873, in welchem König Albert den sächsischen 
Thron bestieg, war infolge des Milliardensegens, der sich als 
Kriegsentschädigung nach Deutschland ergoß — am 5. Sept. 1873 
bezahlte Frankreich den letzten Rest der Kriegskontribution — 
eine Zeit höchsten wirtschaftlichen Aufschwungs. Freilich entbehrte 
dieser meist des soliden Untergrundes, und deshalb trat nach einer 
als Treibhauspflanze emporgewachsenen Hausse, die die Preise 
von allen Lebensmitteln, die Mieten, Löhne, Grundstückswerte usw. 
unnatürlich in die Höhe getrieben und eine Menge fauler Grün- 
dungen hervorgerufen hatte, ein Zusammenbruch ein, der nicht 
bloß die Geldkreise, sondern vor allem auch die erwerbende und 
arbeitende Bevölkerung in Mitleidenschaft zog. Damals erst wurde 
die soziale Frage akut, als einerseits Millionen gewonnen und 
verspielt wurden, andrerseits der Arbeiter nach einer kurzen Periode 
höchster Löhnung, die ihm einen erhöhten Luxus und eine reich- 
lichere Lebensführung ermöglicht hatte, sich entweder wieder auf 
Hungerlöhne oder gar auf die Straße gesetzt sah. Da so mächtigen 
Umwälzungen gegenüber Selbsthilfe macht= und aussichtslos war, 
so keimte in den leitenden Kreisen Deutschlands der Plan auf, 
von Staats wegen den wirtschaftlich Schwachen Schutz zu ge- 
währen. Hier mußte nun in erster Linie das Reich den Einzel- 
staaten vorangehen, es diesen überlassend, wie weit sie dieses oder 
jenes Gesetz ausbauen wollten. Für Sachsen war die neue Ge- 
segebung bei dem erstaunlichen Anwachsen seiner Arbeiterbevölke- 
rung eine alle andere Aufgaben balancierende. Nach der Berufs-
	        
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