Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 2. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1815-1904. (4)

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Industrie selbst, von dem Gegensatz zur agrarischen Richtung 
ganz zu geschweigen, nur natürlich ist. Wenn beispielsweise Ende 
Dezember 1881 die Leipziger Handelskammer sich ungünstig über 
die wirtschaftlichen Ergebnisse des verflossenen Jahres aussprach, 
so war Bismarcks damaliges Organ, die „Norddeutsche Allg. 
Zeitung“ von eben denselben Ergebnissen äußerst befriedigt. Frei- 
lich neigte die öffentliche Meinung mehr der von Leipzig aus- 
gehenden Ansicht zu. Namentlich zeigte sich das im nächsten 
Jahre bei dem Aufhören des sogenannten Veredelungsverkehrs 
mit OÖsterreich. Schon die österreichische Zollordnung vom 17. Aug. 
1774 hatte gestattet, daß ausländische Waren, namentlich der 
Textilbranche, zur Appretur oder auf Spekulation eingeführt 
werden könnten, was dann auch in die Zoll= und Monopolsord- 
nung von 1835 aufgenommen und in dem Zollvertrag von 1853 
dahin erweitert wurde, daß Waren zur Zubereitung, Umgestaltung 
oder Veredelung nicht mehr bloß nach ÖOsterreich ein, sondern auch 
von da ausgeführt werden durften, ohne vom Zoll berührt zu 
werden. Auch das Jahr 1866 hatte daran nichts geändert, sondern 
diese wirtschaftliche, freihändlerische Konzession noch befestigt. In- 
folgedessen waren beiderseitig umfangreiche Anlagen und Ein- 
richtungen zur Ausnutzung dieser Vergünstigung in dem Glauben 
gemacht worden, daß sich an diesen Verhältnissen nichts ändern 
würde. Aber infolge der immer mehr dem Schutzzoll zuneigenden 
Politik der Reichsregierung schlug auch Osterreich ähnliche Bahnen 
ein und legte durch Verordnung vom 31. Dez. 1879 einen hohen 
Zoll auf die zum Veredeln eingeführten Gewebe, und schließlich 
erging am 30. Dez. 1881 eine Verordnung des österreichischen 
Handelsministers, welche den 31. Dez. 1882 als Endtermin für 
die Gültigkeit der Erlaubnisscheine zur Einführung von Waren 
im Veredelungsverkehr festsetzte. Wenn auch dadurch die sächsische 
Leinen= und Baumwollwebereien, wie sie es längst angestrebt hatten, 
einen lästigen Konkurrenten loswurden, — am 24. März 1886 hatte 
u. a. Sachsen am Bundesrat einen Appreturzoll von den deutschen 
in Osterreich veredelten Garnen zu erheben beantragt —, so sahen 
sich doch alle Industriellen, die sich mit Färberei, Druckerei und 
Stickerei beschäftigten, schwer dadurch getroffen. Es ergab sich
	        
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