Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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Raum genug, um einen Käfig anzubringen; selbst unten an dem 
Ofen und an der Ofenbank hat man solchen mittelst eines einfachen 
Gitters hergestellt. Man kann aber auch Finken, Meisen oder Ammern 
frei im Zimmer umher hüpfen sehen. Der Erzgebirger hat seine 
Lieblinge, hauptsächlich Hänfling, Zeißig, Stieglitz, Edelfink, Kreuz- 
schnabel (oder Krünitz, Grinitz) und Gimpel. 
Im oberen Gebirge, von der voigtländischen Grenze an bis 
zum Sandsteingebirge, wurde in früheren Zeiten das Vogelstellen 
mit Leidenschaft getrieben; auf kleinen und großen Heerden, auf dem 
Leim und im Meisenkasten, sowie im Winter und Frühjahr auf dem Nasch- 
heerde. „Köhler, Holzhauer und Stockröder umstellen ihre Werkplätze 
„fast immer mit Lockvögeln, und wenn der Winter kömmt, so richten sie 
„Gimpel und Finken ab und verkaufen sie in den Niederlanden.““) 
Die Nähe des Waldes, das ungehinderte Betreten desselben zum 
Holz= und Beerensuchen, sowie auch der Beruf als Köhler, Holz- 
arbeiter u. s. w. erweckte aber auch sehr bald die Lust an der Jagd, 
wie wir sie heute noch in vielen Gebirgsdörfern stark ausgeprägt 
finden. 
„Die Bewohner des Hochgebirges zeichnet ein unbezwinglicher 
„Trieb zur Jagd aus. Von der voigtländischen Grenze an bis weit 
„in den linken Flügel des Gebirges hinein sind die Grenzdörfer mit 
„Raubschützen gefüllt, und obschon des Wildes jetzt viel weniger 
„geworden, sie auch nicht durch Dürftigkeit in der Regel dazu ge- 
„nöthigt werden, so können sie doch der Neigung nicht widerstehen. 
„Ein Kohlkram, den die Köhler verlassen, ist des Nachts ihre Zuflucht, 
„ein Häuflein Moos ihr Kissen, und der Mond und die Sterne sind 
„ihre Leuchte auf kaum zu erkennenden Wildsteigen. In älteren 
„Zeiten ward der Wildraub so arg betrieben, daß anfänglich drei bis 
„vier Wäldner, späterhin die kurfürstlichen Trabanten die Heger um- 
„gehen mußten, die Wildschützen abzuhalten.“) 
Wenn das auch nun nicht mehr in diesem hohen Grade statt- 
findet, so ist das Geschlecht der Wildschützen doch wohl noch nicht 
ganz ausgestorben. . 
Viele alte Gebräuche und Sitten sind im Laufe der Zeiten in 
Vergessenheit, oder wenigstens außer Anwendung gekommen. Wenn 
auch die Vogel- und Scheibenschießen überall noch als 
Volksvergnügungen angesehen werden, so haben doch die festlichen 
Auf= und Abzüge der Schützen eine andere Gestalt angenommen. 
Schau--, Kauf= und Würfelbuden, Kuchen-, Würstel= und Bierzelte, 
Karoussels, Elektrisirmaschinen, Kraftmesser, auch Schießbuden und 
  
*) Mosch, Neueste Kunde vom Königr. Sachsen. Weimar 1819. S. 69.
	        
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