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anders spricht der Bermsgrüner, anders der Schönhaider. Der singende
Ton fällt aber in der Schönhaider Gegend am meisten auf.“
Weiter hinauf, findet man das Eigenthümliche, daß man vor
den Vokalen o und a ein u hören läßt; im unteren Erzgebirge spricht
man ei wie eh; im Obergebirge aber ei wie ah.
Im Erzgebirge finden wir ferner die Eigenheit, die Personen
an Stelle der Familiennamen mit Beinamen zu bezeichnen, welche
von Zufälligkeiten hergeleitet sind, oder mit einer Reihe von Vor—
namen, welche die Abstammung umfassen . . .. In der Gegend von
Schönheide pflegt man auch die Männer nach der Genealogie der
Weiber zu benennen. Vor die Tauf- und Geschlechtsnamen setzt
man den Artikel, wenn auch überhaupt apostrophirt. Am Schlusse
des Wortes wird das u weggelassen.
Das a wird selten rein ausgesprochen, und bildet einen Mittel-
ton zwischen a und o; das O spricht man meist aus wie u; das
au im Obergebirge in ah, im Niedergebirge oh.
Viele Wörter werden verkürzt; die Endsilbe verwandelt; der
Buchstabe r verschluckt. Um Eibenstock her verwandelt man das a
oft in au oder ou.
Viele Wörter werden gedehnt; oder auch durch Anhängen eines p
verlängert. Die Endung ung verwandelt man in ing.
Besonders bemerkenswerth ist das Bestreben, Verkleinerungsworte
zu bilden; im oberen Gebirge durch le oder la.
Endlich werden viele Wörter verstümmelt und verändert, sowie
zahlreiche Flickwörtchen eingeschaltet; endlich mischt er seiner Rede
gern selbstgeschmiedete, oder verunstaltete Fremdworte bei.)
Besonders auffallend sind die allgemein gebräuchlichen Abkürzungen
und Verstümmelungen der Ortsnamen. So heißt Lungwitz nur Lungs,
Rothschönberg Schimmr'ch, Dippoldiswalde Dipplswale,
Frauenstein Frohnschten, Nassau die Noß, Schönfeld Schimpfld,
Tanneberg Drmrich, Siebenlehn Siebeln, Dittmannsdorf Ditts-
dorf, Hartmannsdorf Hartsdorf, Schlottwitz Schloitz, Sayda
Sade, Dorf Chemnitz Kamz, Schirma Scherme, Schönborn
Schembrun, Riemsdorf Riemrig, Freiberg Freiwerch, Mülsen
St. Egidien Tilgen, Mülsen St. Urban Thurm, Reinholdshain
Relzen u. v. A. m.
Noch heutzutage sind auf dem Abhange des Erzgebirges mancherlei
Worte und Bezeichnungen inmitten einer vollkommen deutsch erscheinen-
den Bevölkerung gebräuchlich, welche auf sorbenwendischen Ursprung
zurückweisen. In der bergmännischen Sprache begegnen wir den
*) Vergl. Glückauf (Zeitschrift) 1887. S. 107.