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theile der um 940 oder 950 gegründeten und wahrscheinlich Mitte
des 12. Jahrhunderts prachtvoll fertiggebauten Burg noch nachweisen.
Auf einem weit in den schleifenartigen Bogen der Müglitz vorspringenden
Felsen von gneisähnlichem Gefüge mit großen, weißen Quarzadern,
mitten inne stehend zwischen dem wahren Gneis des rechten Müglitz-
fers und dem Porphyr des linken, erhielt die Burg schon bei ihrer
Gründung auf dem weißen Steine ihren Namen Weißenstein, wie er
urkundlich wiederholt nachzuweisen ist, und erst später in den Wort-
laut Weesenstein überging. Die wiederholt versuchten Ableitungen vom
slavischen Weznik-Thurm u. A. m. sind müßige Spielereien, da die
deutsche Benennung eine zutreffende und sogar urkundlich bestätigte
Ortsbezeichnung in sich schließt. Die Grenzburg, welche zur Burg-
grafschaft Dohna gehörte, theilte die Schicksale derselben und fiel mit
Dohna 1402 an Markgraf Wilhelm den Einäugigen von Meißen,
welcher 1413 die v. Bünau mit Weesenstein belehnte, die zu den
vier vornehmsten Meißnischen Geschlechtern gerechnet wurden (Pflugk,
Schönberg, Miltitz, Bünau).
Der Schloßfelsen, welcher ursprünglich durch einen schmalen
Sattel mit dem Abhange des rechten Thalufers zusammenhing, wurde
durch Menschenkraft durchbrochen; anfangs mit einem schmalen, mäßig
tiefen Graben, welchen die Zugbrücke überbrückte, im 16. Jahrhundert
mit einer tiefen Kluft, durch welche der Mühlgraben geleitet wurde,
und den nun ein mächtiger Brückenbogen überspannte. Ueber die
Zugbrücke gelangte man in den Vorhof der Burg, dessen äußere Um-
risse durch die daselbst befindlichen Gebäude noch heute bezeichnet
werden. Von hier führte ein steiler, schmaler Felsenweg durch ein
zweites, ebenfalls mit Wehrgang versehenes Thor nach dem hinteren
Hofe. Der gegenwärtig bedeutend oberhalb dieses Weges liegende
Eingang zum Palas und Bergfried der Burg bezeugt, wie viel von
dem Felsen weggesprengt worden ist, um den Zugang zu dem hinteren
Hofe der Burg weniger steil zu machen.
Dieser Zugang führte zu dem Hauptgebäude der Burg, dessen
Vollendung, wie der noch in dem obersten Stockwerke befindliche
Haupt= oder Prunksaal bezeugt, in die Mitte des 12. Jahrhunderts
zu setzen ist. Der Bergfried oder Hauptthurm, in welchem dieser
Saal sich befindet, zeigt einen eigenthümlichen Grundriß, indem an
das Quadrat desselben ein Halbkreis nach außen angesetzt ist, eine
Form, welche sich bei dem Hauptthurme der Burg Gugukstein bei
Liebstadt, wie bei einigen anderen Burgen des 12. Jahrhunderts
wiederholt und auf gleichzeitige Erbauung dieser beiden Burgen, sowie
auf ein und denselben Baumeister hinweist. Dem Hauptthurme von
Weesenstein sind zwei mächtige Flügelbauten angefügt, welche fast