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eine Anzahl in Schweinsleder gebundener alter Gerichtsverhandlungen.
Oberhalb dieser Räume ist der Hauptsaal der alten Burg, der so-
genannte steinerne Saal, dessen zwei Säulen bezeugen, daß die Bau-
zeit desselben in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zu setzen ist.
Das ist also der Zeitpunkt, zu welchem der Bau der Ritterburg in
vollem Umfange und Glanze beendet wurde. Aus den in tiefen
Mauernischen mit Sitzbänken befindlichen Fenstern hat man einen
prächtigen Blick über das tief unten gelegene Dorf. Neben dem
steinernen Saale befindet sich ein zweiter Saal, der sogenannte Billard-
saal,, mit Bildnissen aus der sächsischen Königsfamilie von August
dem Starken bis mit Friedrich August dem Gerechten. Ein halbes
Stockwerk tiefer liegt der ehemalige, kleine, viereckige Kirchhof, an welchen
ein Raum mit frühgothischer Wölbung anstößt, den die Phantasie der
Besucher zur Marter= oder Folterkammer gestempelt hat. Ein und
ein halbes Stockwerk höher befindet sich der Mönchsgang, über welchem
sich die acht Mönchszellen befinden sollen, welche die Bildnisse der
vor Zeiten mit Abhaltung des Gottesdienstes in der Schloßkirche
beauftragten Mönche enthalten. Vom Mönchsgange aus erreicht man
in einem Zimmer den in Felsen gehauenen Theil des Schloßthurmes
und zunächst desselben einen Erker, der an die Stelle eines Eckthurmes
getreten ist, von dem man eine prächtige Aussicht über den Garten
in das eng geschlossene Müglitzthal hat. Auch auf dem Wege zum
hintern Schloßhofe hat man auf einer kleinen Plattform einen sehr
hübschen Ausblick.
Die zum großen Theile aus dem Felsen herausgearbeitete Schloß-
kirche ist Anfang des 18. Jahrhunderts in ihrer gegenwärtigen Gestalt
hergestellt und geschmückt. Altar und Kanzel entstammen dem Felsen
und der 1513 gegründeten älteren Schloßkapelle; das Deckengemälde,
die Himmelfahrt Christi, ist 1740 gemalt, die schöne Orgel von
Silbermann gebaut.
Um den hinteren Hof, in welchem sich Anfang des 19. Jahr-
hunderts die große Schloßbrauerei befand, ziehen sich große Kellereien
mit schweren Tonnengewölben, welche aus sehr früher Zeit stammen
und füglich als Kasematten bezeichnet werden können. Am Eingange
zum oberen Hofe liegt ein Pferdestall, an dessen Seitenwand der
nackte Fels zu bemerken ist. Der sogenannte Gartenflügel, ein An-
bau, welcher erst Mitte des 18. Jahrhunderts angefügt worden sein
mag und durch Treppen und einen Aufzug mit den Räumen der
ersten Etage des Vorderschlosses verbunden ist, enthält im ersten Stock
die Wohnzimmer von Sr. Maj. König Anton, welche genau in dem
Zustande wie zu Lebzeiten erhalten worden sind. Der Schloßgarten
enthält herrliche Baumgruppen, schöne Wiesenflächen und sorgfältig