Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

— 192 — 
eine Anzahl in Schweinsleder gebundener alter Gerichtsverhandlungen. 
Oberhalb dieser Räume ist der Hauptsaal der alten Burg, der so- 
genannte steinerne Saal, dessen zwei Säulen bezeugen, daß die Bau- 
zeit desselben in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zu setzen ist. 
Das ist also der Zeitpunkt, zu welchem der Bau der Ritterburg in 
vollem Umfange und Glanze beendet wurde. Aus den in tiefen 
Mauernischen mit Sitzbänken befindlichen Fenstern hat man einen 
prächtigen Blick über das tief unten gelegene Dorf. Neben dem 
steinernen Saale befindet sich ein zweiter Saal, der sogenannte Billard- 
saal,, mit Bildnissen aus der sächsischen Königsfamilie von August 
dem Starken bis mit Friedrich August dem Gerechten. Ein halbes 
Stockwerk tiefer liegt der ehemalige, kleine, viereckige Kirchhof, an welchen 
ein Raum mit frühgothischer Wölbung anstößt, den die Phantasie der 
Besucher zur Marter= oder Folterkammer gestempelt hat. Ein und 
ein halbes Stockwerk höher befindet sich der Mönchsgang, über welchem 
sich die acht Mönchszellen befinden sollen, welche die Bildnisse der 
vor Zeiten mit Abhaltung des Gottesdienstes in der Schloßkirche 
beauftragten Mönche enthalten. Vom Mönchsgange aus erreicht man 
in einem Zimmer den in Felsen gehauenen Theil des Schloßthurmes 
und zunächst desselben einen Erker, der an die Stelle eines Eckthurmes 
getreten ist, von dem man eine prächtige Aussicht über den Garten 
in das eng geschlossene Müglitzthal hat. Auch auf dem Wege zum 
hintern Schloßhofe hat man auf einer kleinen Plattform einen sehr 
hübschen Ausblick. 
Die zum großen Theile aus dem Felsen herausgearbeitete Schloß- 
kirche ist Anfang des 18. Jahrhunderts in ihrer gegenwärtigen Gestalt 
hergestellt und geschmückt. Altar und Kanzel entstammen dem Felsen 
und der 1513 gegründeten älteren Schloßkapelle; das Deckengemälde, 
die Himmelfahrt Christi, ist 1740 gemalt, die schöne Orgel von 
Silbermann gebaut. 
Um den hinteren Hof, in welchem sich Anfang des 19. Jahr- 
hunderts die große Schloßbrauerei befand, ziehen sich große Kellereien 
mit schweren Tonnengewölben, welche aus sehr früher Zeit stammen 
und füglich als Kasematten bezeichnet werden können. Am Eingange 
zum oberen Hofe liegt ein Pferdestall, an dessen Seitenwand der 
nackte Fels zu bemerken ist. Der sogenannte Gartenflügel, ein An- 
bau, welcher erst Mitte des 18. Jahrhunderts angefügt worden sein 
mag und durch Treppen und einen Aufzug mit den Räumen der 
ersten Etage des Vorderschlosses verbunden ist, enthält im ersten Stock 
die Wohnzimmer von Sr. Maj. König Anton, welche genau in dem 
Zustande wie zu Lebzeiten erhalten worden sind. Der Schloßgarten 
enthält herrliche Baumgruppen, schöne Wiesenflächen und sorgfältig
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.