Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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N. VDie Strohflechterei. 
Die Strohflechterei, als deren Hauptsitz in allen älteren 
Quellen Kreischa angegeben wird, ist eine Handfertigkeit und Haus- 
industrie, welche aller Wahrscheinlichkeit nach schon im 16. Jahr- 
hundert dort heimisch war und sich von da aus über das ganze 
von ihr gegenwärtig eingenommene Gebiet ausbreitete.') Wie dieselbe 
überhaupt dahin gekommen, und in welcher Weise sie sich dort fest- 
gesetzt hat, entzieht sich aller Beurtheilung, da wahrscheinlich Jahr- 
hunderte lang keine besonderen und bestimmten Nachrichten über sie 
niedergelegt worden sind. Man behauptet, daß schon im Jahre 950 
bei dem Heere Kaiser Otto I. Strohhüte in Gebrauch gewesen seien; 
unzweifelhaft aber ist es, daß bei vielen Abbildungen aus den Zeiten 
des Bauernkrieges, also um 1525, die Kopfbedeckungen der niederen 
Stände aus Stroh= und Binsenhüten bestanden, und daß die im 
Mittelalter gebräuchliche Bezeichnung „Schaubhuth“", deren Zusammen- 
hang mit Schoben, Strohschoben, nahe liegt, einen großen Strohhut 
für gemeine Leute zum Schutz gegen Regen und Sonnenschein be- 
zeichnete. — Die Strohhüte und nach ihrem Bekanntwerden erst die 
Strohflechterei, sind zweifelsohne erst aus südlicher gelegenen Gegenden 
nach dem Meißnischen eingeführt worden, und haben hier frühzeitig 
Wurzel geschlagen. « « 
Die Strohhutmanufaktur hat ein sehr hohes Alter, das wahr— 
scheinlich bis ins 15. Jahrhundert, wo nicht in ein noch früheres 
Jahrhundert zurückreicht.') Das Alter dieser Manufaktur reicht 
gewiß bis ins 16. Jahrhundert.“**) Schon im 16. Jahrhundert 
war die Strohflechterei in Kreischa und Lockwitz im Schwunge; 1670 
wird sie als eine in Lockwitzer Gegend „seit uralter Zeit“ bekannte 
Arbeit genannt; ein Lockwitzer Schulmeister verpflanzte vor 1700 
das Strohflechten, „eine von uralter Zeit her gekannte Arbeit“ in 
den Kurkreis. 
Kreischa war nach allen älteren Quellen nicht blos der Haupt- 
sitz, sondern auch der Muttersitz dieser Industrie. (Schumann, Orts- 
*) Einige geschichtliche Nachrichten über die Strohflechtmanufaktur in 
Kreischa und Umgegend und über ihren Stand zu Anfang dieses Jahrhunderts. 
Von Ludwig Lamer, Dippoldiswalde-Hainsberg. Glückauf (Zeitschrift) 
1885. S. 110 ff. - 
Die unerkannten Wohlthaten Gottes 2c. von M. C. Berbern, Pfarrer 
zu Lockwitz. 1709 (im II. Theil 21. Capitel eine Beschreibung der Stroh- 
flechterei; 1711 erschienen). 
Möhring, Stadt und Burg Dohna. 1843. S. 15 ff. 
hSaxonia II, 36. 
*“) D. J. Merkel III, 267.
	        
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