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für je sechs Gezeugstrecken eine volle Stunde zum Ausfahren, über
eine halbe Stunde zum Einfahren an Zeit rechnen.
Auf der entsprechenden Gezeugstrecke begiebt sich der Bergmann
„vor Ort“. Hier, weit entfernt vom Förderschachte, wo er eingefahren,
arbeitet er häufig mit Mehreren, aber oft ist der Bergmann allein,
einzeln, fern von allen Andern, nur sich selbst uid seiner Arbeit
überlassen. Beim geringen Grubenlicht Schlägel und Eisen ge-
brauchend, mit Dynamit das Gestein sprengend, verfolgt er die
Erzader, mit jedem Hammerschlage hoffend, daß sie reichen Berg-
segen bringe.
Mit dem tauben Gestein werden Räume in den Gruben wieder
zugesetzt, um das Ausfördern zu Tage zu ersparen, oder es wird
auf die Halde geschüttet. Die Gangart, von den Berg= und Scheide-
jungen auf der Scheidebank klein geschlagen, wird wiederum nach ihrem
Werthe geschieden und die erzhaltigen Stücke auf dem Pochwerk
durch Stampfen zermalmt und in Wasserbecken geschlämmt, wobei
sich die schwereren Erztheile zu Boden setzen und der leichtere Schlamm
vom Wasser fortgeführt oder auf andere Art davon getrennt wird.
Die gewonnenen silberhaltigen Schlämme werden getrocknet und an
die Hüttenwerke abgeliefert.
In der Regel wird der Abbau einer Grube nicht von einem
Einzelnen (Eigenlehner) betrieben, sondern von einer Gewerkschaft,
welche nach bestimmten Antheilen (Kuxen) die Kosten, beziehentlich
den Gewinn unter sich vertheilt. Die Gewerkschaft ist eine Genossen-
schaft, bei welcher das Gesammtvermögen der Unternehmung für die
Verbindlichkeiten derselben haftet. Als Vorstand des Unternehmens
stehen der Schichtmeister und der Obersteiger unter Aufsicht und
Leitung des Bergamtes an der Spitze. Die Bergarbeiter (Knappen)
haben wiederum unter sich selbst eine genossenschaftliche Verbindung
(Knappschaft), welche in ihrer Organisation den Zünften ähnlich ist.
Die Knappschaftscasse wird aus den regelmäßigen Beiträgen der
Bergarbeiter und Werkseigenthümer, welche beide gesetzlich verpflichtet
sind, derselben beizutreten, sowie aus Büchsenpfennigen und Straf-
geldern gesammelt, und dient zur Unterstützung bergfertiger Arbeiter,
wie zu Vertheilung von Almosen. Die Versammlung der Berg= und
Hüttenleute zum Knappschafthalten, d. h. zur Verhandlung und Be-
sprechung ihrer Angelegenheiten, womit in der Regel ein feierlicher
Aufzug und eine gemeinschaftliche Feier verbunden war, findet nur
selten statt. Das letzte Freiberger Knappschaftsfest wurde 1836 im
Kaufhaus abgehalten. Die Freiberger Knappschaftscasse ist schon seit
1503 eine segensreiche Pensions= und Unterstützungsanstalt. Die
Bergknappschaft und die Hüttenknappschaft besitzen noch ihre alten