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Die außerordentliche Verminderung des Silberwerthes ist seit
mehr als zwanzig Jahren unaufhaltsam vor sich gegangen; vor
Allem in Folge der großen Zunahme der Silberproduction; denn
während man die durchschnittliche Jahresgewinnung an Gold in den
Jahren 1861 bis 1870 auf 188 500 kg und die an Silber auf
1 220 000 kg veranschlägt, betrug dieselbe 1871 bis 1880 an
170 700 kg Gold (also gegen 18000 kg weniger), während die
Silberproduction auf 2000.000 kg (also um fast 800 000 kg) stieg.
Da gegenwärtig aber die jährliche Silberproduction die Höhe von
etwa 3.000.000 kg erreicht hat, so ist ein Steigen der Silberpreise
kaum eher wieder zu erwarten als bis die zahlreichen neuen Silber-
minen in ihrer Ergiebigkeit nachzulassen beginnen.
Die gespannte Lage des Freiberger Bergbaues, welche durch
das Sinken der Preise von Silber und Blei hervorgerufen war,
wurde aber durch eine Reihe von Uebelständen erhöht, welche vor-
wiegend in den örtlichen und herkömmlichen Verhältnissen lagen.
Ungünstige Betriebs= und Verwaltungs-Zustände; ungenügende Vor-
richtungen für den Abbau; geringe Leistungen der Arbeiter, nament-
lich der Häuer, in Folge fehlerhaften Gedingwesens, des Mangels
an Maschinen-Bohrbetriebes und an Maschinen-Mannschaftsfahrung;
Unzulänglichkeit der Förder= und Wasserhaltungs-Maschinen; mangel-
hafte Aufbereitungsvorrichtungen verbunden mit viel zu weitläufigen
und kostspieligen Zwischentransporten der Erze; endlich Mangel an
Centralisation der Betriebs= und Verwaltungs-Verhältnisse.)
Obgleich nirgend eine Verarmung der Erzgänge festzustellen
war, sowie die bisherige Erfahrung dafür sprach, daß die Gänge
auch in größeren Teufen vollkommen abbauwürdig seien und das
Erzvorkommen ein eben so reiches sei, so war von einer Besserung
in der Lage des Bergbaues nicht die Rede, trotzdem das Ausbringen
sich günstiger gestaltet hatte. Die finanzielle Kraft der Gewerken
erlahmte mehr und mehr, und wenn auch einzelne besonders günstig
gestellte und kräftiger organisirte Gruben noch erfolgreich Widerstand
leisten konnten, so wurde doch die Hilfe des Staates in immer
steigendem Maße in Anspruch genommen.
Auf Grund eines eingehenden Gutachtens des Bergwerksdirektors
a. D. Bilharz „über die Sicherstellung des Freiberger Bergbaues“
gelangte die Staatsregierung zu der Ueberzeugung, daß eine wirksame
und dauernde Sicherstellung der Zukunft des Freiberger Bergbaues
in der That nur durch eine Verstaatlichung der wichtigsten bei Frei-
berg und Brand gelegenen Gruben erreicht werden könne. Durch
*) Jahrbuch für das Berg= und Hüttenwesen. 1884 b. m. 1888.