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nöthigen Bandagen (Reifen) versehen, zu welcher Arbeit sie vorher
auf einem sinnreich construirten Apparat mit Gas warm gemacht
werden. An die Dreherei stößt der große Montagesaal, hinter welchem
in einem mit Glas überdeckten Zwischenbau die fertigen Locomotiven
mit Dampf probirt werden. In diesem Raume werden auch die
Rahmen der Locomotive mit Maschinen durchlocht, gebohrt und be-
stoßen, sowie die Locomotivräder mit hydraulischer Presse auf die
Achsen gepreßt. Man baut normalspurige Locomotiven mit Tender,
normalspurige Locomotiven nach dem Compoundsysteme, Eilzug= und
Güterzuglocomotiven, sowie Locomotiven für Schmalspurbahnen. Auf
den durch eiserne Wendeltreppen zugänglichen Oberräumen werden die
einzelnen Locomotivtheile auf Drehbänken, Hobelmaschinen u. s. w.
bearbeitet, polirt und vorgepaßt. Im Jahre 1884/85 baute die
Sächsische Maschinenfabrik 54 Locomotiven, 18 Tender, 17 Loco=
motivkessel; 1873/74 allerdings die außerordentliche Zahl von 104
Locomotiven und 70 Tendern. Der Rückgang der Materialienpreise
rief eine Beschränkung der Production hervor, und trotz der bedeu-
tenden Vergrößerung des Etablissements, besonders durch die Tren-
nung der Locomotivbauwerkstätten von den Dampfmaschinenbauwerk-
stätten, und der Erweiterung der Eisen= und Metallgießerei, der
Schmiede= und Kesselschmiedewerkstätten wirkte die Geschäftskrisis bis
gegen Ende 1878 niederdrückend ein. 1875 wurden an 25 Maschinen-
fabriken und Gießereien geschlossen und von der Sächsischen Maschinen-
fabrik gegen 1100 Arbeiter entlassen. Der Bedarf an Maschinen
aller Art war auf das Aeußerste gesunken. Die Hauptzweige der
Industrie und die Landwirthschaft lagen schwer darnieder und der
hauptsächlich vom inländischen Markte abhängende Maschinenbau fand
weder bei diesem, noch bei den Eisenbahnen, deren Bedarf ebenfalls
wesentlich gesunken war, Abnahme. Im Bau von Locomotiven und
Werkzeugmaschinen herrschte Beschäftigungslosigkeitt der Bau von
Dampfmaschinen und von Maschinen für die Textilindustrie wurde
von der Concurrenz des Auslandes auf das Aeußerste bedrückt; die
Ausfuhr von Maschinen 2c. durch hohe Zölle außerordentlich erschwert.
Obgleich Deutschland nur die Hälfte an Eisen und Eisenfabrikaten
von der Gesammtsumme producirt, zu der es der Bevölkerungsziffer
und der Meilenzahl seiner Eisenbahnen entsprechend berechtigt wäre,
so wurde auch diese Production von der Einfuhr der Maschinen
fremden Ursprunges bedrückt. Der deutsche Maschinenbau ward daher
fast gänzlich auf den inneren Bedarf zurückgedrängt und vermochte
nur mit schweren Opfern die Ausfuhr nach dem Auslande noch auf-
recht zu erhalten. Mit dem Jahre 1879 begann im Maschinenbau,
mit dem Jahre 1882 auch im Locomotiven= und Werkzeugmaschinen-