Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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die Kaiserin Kunigunde; das andere Mal: Apostel Bartholomäus, 
Kurfürst Friedrich den Weisen, die Fußwaschung der Jünger, den 
Apostel Jacobus d. A. und Herzog Georg von Sachsen. Die Bilder 
sind angeblich von Lukas Cranach dem Aelteren. Fein und kostbar 
sind die Bildnisse der beiden Fürsten, vortrefflich ist die Gruppe der 
Fußwaschung; vor Allem aber ausgezeichnet Gesicht und Bart des 
Kaisers, das Brokatkleid der Kaiserin und „die wonnig milde Schön— 
heit, welche den Kopf der Kaiserin verklärt“ (Steche). Leider sind 
die Tafeln bei der Wiederherstellung 1876 stark übermalt worden. 
Das etwa um 1296 gegründete Kloster der St. Clara-Nonnen 
war schon 1656 „ganz eingerissen, so daß man eigentlich nicht weiß, 
wo es gestanden"“. Das 1231 errichtete Franziskanerkloster dagegen 
wurde 1508 vollständig neu aufgebaut; aber schon 1525 vertrieb 
man die Mönche. Auch die im Grünhainer Hofe befindliche Nieder- 
lassung der Cistercienser-Mönche vom Kloster Grünhain wurde durch 
die Reformation von ihren Insassen gesäubert und 1542 die lateinische 
Schule in denselben verlegt. Diese Schule erhielt schon 1523 eine 
vortreffliche Schulordnung; 1835 wurde sie zum Gymnasium erhoben. 
Die alte Zwickauer Stadtschule, für welche Martin Römer 1479 ein 
neues Schulgebäude errichtete, war es, welche die „Schleifmühle" ge- 
nannt wurde. 
Das Rathhaus, welches 1403 abbrannte und nach langsamem 
und bedächtigem Wiederaufbau 1515 und 1516 mit Figuren in Fresko 
und 1614 aufs Neue mit „schönen Figuren und einem Thurme ver- 
ziert" worden war, machte vor fünfzig Jahren einen sehr nüchternen 
Eindruck. Die obere Fensterreihe war von ovalen Ochsenaugen ge- 
bildet, die Dacheinfassung mit Zinnen verbrämt, das Ganze ein Mon- 
strum von Geschmacklosigkeit. Seitdem in einer Art von Gothik 
umgebaut, hat es wol wenig künstlerischen Werth. Interessant und 
charakteristisch ist der kaum veränderte Frontgiebel des 1522 erbauten 
alten Gewandhauses. 
Als Muster eines mittelalterlichen Bürgerhauses konnte der 1480 
von Martin Römer erbaute Anker am Markte, zunächst dem Gewand- 
hause, genannt werden. Mit seinem thurmartigen Erker an der Haus- 
ecke und einem allerliebsten Dreieck= (oder Nasen-) Erker in der Mitte, 
der Thoreinfahrt, den Fensterbrüstungen, dem großen Frontgiebel stellte 
er ein charakteristisches, nobles Patrizierhaus vom Ende des 15. Jahr- 
hunderts dar. Der alte schöne Anker, das architektonisch werthvollste 
Gebäude, wurde 1872 niedergerissen. Ein gleich werthvolles Bau- 
werk mit reicher gothischer Fensterarchitektur und Giebeln der Früh- 
Renaissance stand bis 1884 auf der innern Schneeberger Straße. 
Bei weitem einfacher als der Anker und durch einen späteren Zwischen-
	        
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