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bau ganz von demselben getrennt ist das auf der Fleischergasse liegende
Solbrig'sche Haus, in demselben Style aber schmucklos und ohne Erker.
Das Schiffhaus an der Ecke der Klostergasse, giebt, wie Herzog in
seiner Zwickauer Chronik sagt, „überhaupt noch das treueste Bild
der alten gothischen Bauart". Ein Haus auf der Langgasse (das
Ullrich'sche), ein Haus auf der Amtsgasse (das Klinkhardt'sche) waren
wohl erst nach dem dreißigjährigen Kriege erbaut. Am reichsten ward
unzweifelhaft die Stadt zwischen 1500 und 1600 mit ansehn-
lichen Bürgerhäusern geschmückt; doch nur geringe Ueberreste sind
erhalten.
Seitdem ist Zwickau aus der kleinen Stadt eine große Mittel-
stadt und in Bezug auf Industrie, Handel und Verkehr eine Groß-
stadt geworden. Das erkennt man an der räumlichen Ausdehnung,
an zahlreichen Neubauten, Verbesserungen und Verschönerungen. Treff-
liches Pflaster, verhältnißmäßig breite Trottoirs und Gehwege, Gas-
beleuchtung, Versenkung der Bäche und Schleußen unterhalb des
Straßenniveaus, Durchbruch verschiedener Straßen nach der Umfassung
der inneren Stadt, Anlage neuer Straßen und Stadttheile lassen dies
erkennen. Am auffallendsten ist die Verwandlung der Straße rings
um die innere Stadt: vor 50 Jahren ein schmaler Fahrweg, auf
dem sich kaum zwei Wagen ausweichen konnten (war aber auch nicht
nöthig, da fast niemals zwei Wagen auf diesem Wege fuhren), auf
der äußeren Seite von einer Hecke, auf der inneren von einer Pappel-
reihe und dem Stadtgraben begrenzt, in welchem einzelne Gärten
angelegt wurden. Jetzt erinnert nur noch ein kleiner Theil der Ost-
seite der Stadt an die ehemalige Befestigung. Alle Thore, Thor-
thürme, Basteien, Rondele und Zwinger sind abgetragen, die Stadt-
mauer fast vollständig verschwunden, der Graben ausgefüllt und mit
Gartenanlagen geschmückt, eine breite Fahrstraße mit Gehwegen und
Alleen zu beiden Seiten hergestellt; zahlreiche neue, zum Theil pracht-
volle Gebäude an ihr entstanden.
Mehrere gothische Profanbauten, zum Theil in Ziegelrohbau,
zum Theil in farbigen Glasziegeln, sind mit vielem Geschick und
Verständniß, constructiven und sinnreichen Facaden, sowie trefflichen
Garteneinfriedigungen ausgeführt worden. Besonders nennenswerth
ist die List'sche Villa am Schulgrabenweg, ein reizender Privatbau
(Frühgothik in reiner Sandsteinarbeit), die Villen Ebert und Kästner
in italienischer Renaissance, sowie an der Parkstraße die Villen von
Wolf, Schulze, Teichmann, Schreck, sämmtlich ziemlich reiche italienische
Renaissance in reiner Sandsteinarbeit mit hübschen Terrassen und park-
artig angelegten Gärten.
Von Staatsgebäuden sind das neue Landgericht und die Post,