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bunt tamburirten und geschlungenen Tücher waren weniger gesucht,
dagegen Plüschstickereien in Kleiderbordüren, abgepaßten Garnituren
und Kleiderbesätzen. An Spachtelsachen wurden Cachemirshawls und
fortlaufende Bordüren gefertigt. Mützen, Cachemirkleiderstoffe, Schürzen,
bunte Costüme u. s. w. wurden mit guter Cousir- oder Cordinetseide
tamburirt, oder auch mit italienischer und französischer Seide mit
Hochstickerei versehen. Die Handstickerei arbeitete in buntem Styl-,
Kreuz-, Platt-, Tambur= und Schlingstich im Kreuz-, Punkt-, Nullen-
und Ringelmustern auf Cambric, Cretonne, Satin u. s. w. Die
Tamburperlmaschine konnte zu allen Arten von Stickereien verwendet
werden. „
Die Handschuhstickerei hört fast ganz auf; auch die Bunttambur=
stickerei auf Kleider wurde weniger verlangt; dagegen Besatzartikel,
Galons, Kleiderbordüren u. s. w., darunter Galonstickerei in Metall-
und Seidefäden auf Flanell= und Cachemirstoffen. Im Allgemeinen
sind die in Tamburstickerei ausgeführten Artikel nicht so schön und.
glänzend, wie die in Plattstich ausgeführten gleichen Muster; dagegen
fester und solider. Der Absatz derselben geht vorwiegend nach dem
Auslande, Nord= und Süd-Amerika, England.
Einen besonderen Zweig der Näherei und Stickerei bildet die
Wäschefabrikation, sowohl mit als auch ohne gestickte Ver-
zierungen. Dieselbe stammt aus Ober-Pfannenstiel. Vor einem halben
Jahrhundert etwa fingen die Frauen aus Ober-Pfannenstiel an, mit
Weißwaaren, Stickereien und Tüllfabrikaten hausiren zu gehen. Da
die Sache einträglich war, gingen auch die Männer mit dem Hausir-
ranzen. Frau Göthel fing die Geschäfte größer an und verkaufte
nicht mehr im Stück, sondern im Dutzend an andere Hausirer, und
ihr Mann, der Strumpfwirker Gotthold Göthel, unternahm einen
Handel mit Weißwaaren, Vorhemden, Chemissettes, Lätzen, Hemden-
einsätzen, Manschetten u. s. w., welche mit Handstepperei gefertigt
waren. Als 1855 die Steppmaschine eingeführt wurde, fürchteten
die Näherinnen, ihre Arbeit zu verlieren, konnten aber bald nicht
mehr genug schaffen. Der Hausirhandel nahm allerdings ein Ende,
aber die Wäschefabrikation fing an. In Pfannenstiel, Lauter, Aue,
Schneeberg, Eibenstock, Schönheide, Lößnitz u. s. w. bestehen Wäsche-
fabriken, welche Hemden, Vorhemdchen, Victorias, Einsätze, Kragen,
Manschetten, Chemisetten, Blousen, Aermel und Stulpen liefern.
Der sich seit etwa 1862 weiter ausbreitende Industriezweig
wendete sich nächst dem Artikel für Herren bald auch auf genähte und
gesteppte Damenartikel, als Kragen, Manschetten, Tücher, Fichus,
Blousen, Unterröcke, Hauben u. s. w. in Leinwand oder Shirting mit
der Näh= und Steppmaschine einfacher oder reicher hergestellt. Bald