Karolingische Weltherrschaft. 5
dem Cäsar Augustus, so diente später Karl dem Großen ein
Gemenge der verschiedensten Stämme, alle Germanen des
Festlandes, aber auch romanisirte Gallier, Spanier, Italiener,
und dazu noch slavische und avarische Lande. Diese Herr-
schaft erhob weiter nach ihrem Bunde mit dem römischen
Papstthum den Anspruch, den ganzen Erdkreis dem christlichen
Glauben, und die ganze Christenheit den Geboten des Kaisers
und des Papstes zu unterwerfen. Nicht ein deutsches
Gesammtgefühl für Franken und Sachsen, Schwaben und
Bayern sollte geschaffen, sondern im Gegentheil jede nationale
Eigenthümlichkeit in dem christlichen Weltgedanken aufgelöst
werden.
Mit Recht hat man gesagt: dieses Reich war noch nicht
Staat. Es war mehr und weniger als ein Staat. Es war
mehr, denn es war Staat und Kirche zugleich, ein Gottes-
reich unter zwei Häuptern, einem kriegerischen und einem
priesterlichen Monarchen. Es war weniger, denn in dem Eifer
für immer weitere Eroberung und für immer festere Recht-
gläubigkeit schrumpften ihm das Interesse und die Mittel für
die elementaren Aufgaben der Politik zusammen. Es über-
ließ die wichtigsten Pflichten des Staates, seine Thätigkeit
in der Rechtspflege, der Verwaltung, dem Heerwesen, in stets
wachsendem Maaße localen Machthabern oder Gemeinden.
So geschah es, daß inmitten einer Herrschaft, welche das
ganze Abendland zu umspannen suchte, das alte germanische
Sonderthum, der ausschließliche Sinn für die nächste Genossen-
schaft, das Aufgehen in der Besonderheit der Gemeinde oder
des Lehensverbandes, wieder zu voller, lebenskräftiger Ent-
faltung gedieh.
Der Contrast zwischen der engen Begrenzung des realen