Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

332 Der italienische Krieg. 1859 
einander brausen: in Preußen überwog die liberale Hinneigung 
zu Italien bei Weitem, in Bayern und Württemberg riß die 
ultramontane Partei das ganze Volk zu schwarz-gelber Be- 
geisterung fort. Auch manche liberale Patrioten haben damals 
und später beklagt, daß Preußen hier wie im Krimkrieg die 
Gelegenheit versäumt habe, durch eine rasche und energische 
Kriegspolitik die Führung des nationalen Enthusiasmus zu 
ergreifen und sich damit an die Spitze des Vaterlandes zu 
setzen. Für 1859 wäre dabei nur vor Allem die Frage zu 
beantworten, welchen Enthusiasmus der Prinz-Regent hätte 
verwerthen sollen, jenen der sechs Millionen Süddeutschen für 
Osterreich, oder den der zwölf Millionen Preußen für Italien. 
Auf dem ersten dieser beiden Wege hätte der Bundesfreund 
Osterreich sattsam dafür gesorgt, daß nichts aus der deutschen 
Einheit und der preußischen Spitze geworden wäre. Auf dem 
zweiten wäre das Werk vielleicht gelungen, dann aber mit 
dem Brandmal ausländischer Beihülfe behaftet, und das ver- 
bündete Frankreich ohne Zweifel auf die Einimpfung mehr als 
eines Krankheitsstoffs bedacht gewesen. Mit gutem Grunde 
also vermied der Prinz-Regent den einen wie den andern Weg. 
Ebenfalls unberechtigt und nur aus Unkenntniß der Thatsachen 
entsprungen sind die oft gegen seine Politik erhobenen Vor- 
würfe des Zauderns und Schwankens: wir haben gesehen, 
daß sein Entschluß vom ersten Tage an feststand, und dann 
sicher und planmäßig mit jeder neuen Wendung des Kriegs 
Schritt auf Schritt ausgeführt wurde. Eine andere Frage 
aber ist es, ob das Programm der beabsichtigten Vermittlung 
richtig entworfen war, und den gegebenen Verhältnissen ent- 
sprach. Der Erfolg entschied dagegen. Preußen erlebte, was 
so oft wohlgesinnte Vermittler erfahren haben: der Vermitt-
	        
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