1861 Polnisches Nationalcomité. Marquis Wielopolski. 479
gingen die Meinungen nach allen Richtungen der Windrose
auseinander. Eine rührige Minderheit, welche den Adel kurzer
Hand in die revolutionäre Bahn hineindrängen wollte,
forderte Übertragung des Eigenthums der Bauernhöfe an
die Bauern gegen eine mäßige Ablösungssumme; sie drängte
überhaupt auf ein kräftiges Eintreten des Vereins in die
politische Agitation, und obwohl der leitende Ausschuß ent-
schieden abwehrte, fand ihr Bestreben in der Versammlung
wachsende Sympathie. Da erschien in Warschau, um eine
völlig entgegengesetzte Tendenz zur Geltung zu bringen, einer
der größten Grundbesitzer des Landes, der einzige seiner
Standesgenossen, der bisher dem Verein fern geblieben war,
der Marquis Wielopolski. Ein stattlicher Mann von festen
Gesichtszügen, gebieterischem Auftreten, gedrungener Redeweise,
ein trefflicher Verwalter seiner colossalen Güter, ein stolzer
Aristokrat von starken Leidenschaften und eiserner Willenskraft:
so hatte er bis dahin fünzig Jahre verlebt, einmal, 1846
bei den galizischen Metzeleien, mit einem energischen Send-
schreiben an den Fürsten Metternich großes Aufsehen erregt,
und sich dann wieder in die Einsamkeit seines Landlebens
und gelehrte Studien aller Art versenkt. Er war eine herrische
Natur, herrisch gegen Andere und gegen sich selbst, unersättlich
auf gediegenes Wissen dringend, unerbittlich in seiner logischen
Consequenz, unbarmherzig gegen jede noch so schöne Täuschung,
nach all diesen Zügen dem erregbaren, jedem momentanen
Eindruck hingegebenen Wesen seiner meisten Landsleute ent-
gegengesetzt, also ein Fremder unter seines Gleichen, unver-
standen und unbeliebt. In der Politik war er der Mann der
Ordnung, der Technik, der sachkundigen Reform; die lärmenden
Discussionen begeistertes Halbwissens ckelten ihn an; er war