Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Rückzug der Austrosachsen. 119 
Gitschin abgesandt. Nichts konnte schlimmere Wirkung für 
seine Sache haben, als diese Zögerung. Bei rechtzeitiger 
Ankunft des Boten wären der Kronprinz und Graf Clam 
unaufgehalten weiter nach Miletin marschirt und hätten ihre 
Brigaden in unversehrtem Zustand mit der Hauptarmee ver- 
einigt. Jetzt aber fand sie der Rückzugsbefehl inmitten eines 
heißen Kampfes, und traf sie, wie es scheint, mit so über- 
raschender Wucht, daß sie ohne irgend weitere Erwägung an 
alle ihre Truppentheile auf der Stelle die Ordre sandten, 
das Gefecht abzubrechen und den Marsch nach und durch 
Gitschin anzutreten. Benedek's Weisung hatte ihnen verboten, 
sich auf Kämpfe mit einem Überlegenen Gegner einzulassen; 
hier aber stand man bereits im Kampfe mit einem Gegner, 
gegen welchen man eine mehr als doppelte Übermacht heran- 
führen konnte, und kein Gedanke hätte näher gelegen, als 
sich desselben erst durch einen mächtigen Offensivstoß zu ent- 
ledigen, und dann den befohlenen Abmarsch unbelästigt zu 
beginnen. Statt dessen aber lähmte man durch den Befehl 
zum sofortigen Rückzug die Energie der kämpfenden Truppen, 
erfrischte dem Feinde den Muth und zog so eine wahrhaft 
verhängnißvolle Katastrophe über sich herein. 
Da in dem dreistündigen, hin und her wogenden Kampf- 
getümmel auf dem weit ausgedehnten Gefechtsfelde die Truppen 
vielfach aus und durch einander gerathen waren, so erreichte 
der Rückzugsbefehl zahlreiche Abtheilungen gar nicht; den 
Übrigen stellte er die schwere Aufgabe, mitten im blutigen 
Ringen das Gefecht abzubrechen und möglichst ungeschädigt 
vor dem Feinde zurückzuweichen. Das war jedoch leichter 
angeordnet als ausgeführt, da die Gegner trotz oder auch 
wegen ihrer Minderzahl unablässig auf allen Punkten im
	        
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