Rückzug der Austrosachsen. 119
Gitschin abgesandt. Nichts konnte schlimmere Wirkung für
seine Sache haben, als diese Zögerung. Bei rechtzeitiger
Ankunft des Boten wären der Kronprinz und Graf Clam
unaufgehalten weiter nach Miletin marschirt und hätten ihre
Brigaden in unversehrtem Zustand mit der Hauptarmee ver-
einigt. Jetzt aber fand sie der Rückzugsbefehl inmitten eines
heißen Kampfes, und traf sie, wie es scheint, mit so über-
raschender Wucht, daß sie ohne irgend weitere Erwägung an
alle ihre Truppentheile auf der Stelle die Ordre sandten,
das Gefecht abzubrechen und den Marsch nach und durch
Gitschin anzutreten. Benedek's Weisung hatte ihnen verboten,
sich auf Kämpfe mit einem Überlegenen Gegner einzulassen;
hier aber stand man bereits im Kampfe mit einem Gegner,
gegen welchen man eine mehr als doppelte Übermacht heran-
führen konnte, und kein Gedanke hätte näher gelegen, als
sich desselben erst durch einen mächtigen Offensivstoß zu ent-
ledigen, und dann den befohlenen Abmarsch unbelästigt zu
beginnen. Statt dessen aber lähmte man durch den Befehl
zum sofortigen Rückzug die Energie der kämpfenden Truppen,
erfrischte dem Feinde den Muth und zog so eine wahrhaft
verhängnißvolle Katastrophe über sich herein.
Da in dem dreistündigen, hin und her wogenden Kampf-
getümmel auf dem weit ausgedehnten Gefechtsfelde die Truppen
vielfach aus und durch einander gerathen waren, so erreichte
der Rückzugsbefehl zahlreiche Abtheilungen gar nicht; den
Übrigen stellte er die schwere Aufgabe, mitten im blutigen
Ringen das Gefecht abzubrechen und möglichst ungeschädigt
vor dem Feinde zurückzuweichen. Das war jedoch leichter
angeordnet als ausgeführt, da die Gegner trotz oder auch
wegen ihrer Minderzahl unablässig auf allen Punkten im