Zerrüttung der geschlagenen Armee. 123
eingebüßt. Diese Zahlen lassen deutlich erkennen, welchen
Antheil die bessere Bewaffnung, welchen die bessere Führung
an dem Übergewicht der Preußen hatte.
Die unerwartete Einnahme Gitschins übte aber noch
weiter verderbliche Wirkung auf die österreichischen Truppen
aus. Sie erschwerte die Expedition der Befehle derart, daß
dieselben den meisten Brigaden gar nicht zukamen, und
steigerte die Verwirrung, welche durch das Aufeinandertreffen
so vieler Truppen in finsterer Nacht eingetreten war:). Als
aus der Stadt das Getöse des Kampfes zwischen Preußen
und Sachsen erscholl, war in den Biwaks kein Halten mehr:
die Massen zogen sich, unter einander gemischt und durch die
vorangegangenen Strapazen der Erschöpfung nahe, theils
südöstlich nach Miletin und Horschitz, theils südwärts nach
Smidar zurück. Sehr bald wurden sie auf beiden Straßen
von preußischer Reiterei eingeholt und unaufhörlich belästigt,
so daß an Ausruhen und Sammlung nicht zu denken war.
Nur die Sachsen bewahrten größtes Theils Zusammenhalt
und Ordnung ihrer Divisionen. Als im Laufe des Vor-
mittags zwei österreichische Brigaden in Miletin angelangt
waren, wo Erzherzog Ernst mit dem dritten Armeecorps
lagerte, meldete dieser dem Feldzeugmeister: Abtheilungen des
ersten Corps kommen bereits an, dasselbe ist kampfunfähig,
der Munitionspark ist leer, das Corps ohne Verpflegung,
wird vorläufig hinter uns Biwaks beziehen. Ein Befehl
des Grafen Clam, dort und in Horschitz die Mannschaften
brigadeweise zu sammeln und zu ordnen, kam bei dem Er-
scheinen stärkerer feindlicher Reiterschaaren nicht zur Aus-
) Ssterreichs Kämpfe III, 211 ff.