6 Die Feldzugspläne.
die Gefahren jeder aggressiven Maßregel betonte, hatte der
zum Chef der Operationskanzlei ernannte General Krismanic
den Auftrag erhalten, für den Kriegsfall einen Feldzugsplan
auszuarbeiten. Wir rüsten, sagte er, nach diesen Voraus-
setzungen, weil wir einen preußischen Angriff in naher Zeit
erwarten, selbst aber nicht angreisen wollen: also ist unsere
erste Aufgabe, eine zu fester Vertheidigung geeignete Stellung
für unsere Armee auszusuchen. Daran schloß sich als zweiter
Erwägungsgrund die Thatsache, daß Preußen viel schneller
mobilisiren könne als Osterreich, mithin die Gefahr vorliege,
daß die österreichische Armee in unfertigem Stande von dem
feindlichen Angriffe überrascht werde. Die Folgerung war,
daß ihr Sammelplatz für einen plötzlichen Vorstoß des Gegners
nicht zu leicht erreichbar sein dürfe, und einen festen Stütz-
punkt erstes Ranges erhalten müsse. So ergab sich der
Schluß, die Armee sei nicht in Böhmen, sondern in Mähren,
und zwar in der Nähe des großen Waffenplatzes Olmütz, auf-
zustellen, mit Ausnahme des ersten, in Böhmen garnisonirenden
Corps, welches die dortigen Grenzen zu beobachten, und nach
Umständen sich auf die Hauptarmee zurückzuziehen habe.
Die Denkschrift des Generals Krismanic erwog dann eine
Reihe von Möglichkeiten, welche je nach dem Angriffsverfahren
des Gegners für die Vertheidigung eintreten könnten: wir
brauchen darauf nicht näher einzugehen, da zwar viele sonstige
Fälle darin berücksichtigt waren, nur nicht der eine, welcher
sich später verwirklichte. ·
Dieser Plan wurde indessen genehmigt; erst bei Olmütz
sollte durch eine große Defensivschlacht mit der eigenen Gesammt-
kraft gegen die Gesammtkraft des Feindes die Entscheidung des
Feldzugs herbeigeführt werden. Damals, Anfang April, als der