Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

156 Kronprinz Friedrich Wilhelm in Böhmen. 
Ereignissen, und bald erschienen die Trümmer des dortigen 
Heeres in ihrer völligen Zerrüttung und Auflösung. Es war 
nicht mehr daran zu denken, in der eben erwählten Stellung, 
die Armee des Kronprinzen in der Front, das siegreiche 
Heer Friedrich Carl's in Flanke und Rücken, auch nur noch 
einen Tag lang auszuharren. Benedek telegraphirte an den 
Kaiser, durch die völlige Niederlage des ersten und des sächsi- 
schen Corps sei er gezwungen, die Armee nach Königgrätz 
zurückzuführen. 
In Wien traf diese Depesche die Gemüther wie ein 
Wetterschlag aus heiterem Himmel, überraschend und betäu- 
bend. Man hatte sich bisher im schönsten Siegesbewußtsein 
gewiegt. Über Nachod hatte Benedek berichtet, Ramming 
habe den ihm aufgetragenen Marsch nach Skalitz, alle feind- 
lichen Angriffe zurückweisend, glücklich zurückgelegt. Dann 
war die Meldung von Gablenz's Sieg bei Trautenau ge- 
kommen, dann ein kurzes Telegramm Benedek's aus Skalitz, 
daß sich hier nichts Ernstliches vorbereite, und die Artillerie 
ihre ausgezeichnete Trefffähigkeit bewähre. Die Zeitungen 
bearbeiteten diese erfreulichen Nachrichten weiter, und ihre 
Telegramme trugen die Kunde durch ganz Europa: Sieg, 
Sieg auf der ganzen Linie. Und plötzlich — denn am 29. 
war kein amtlicher Bericht eingegangen — dies Donnerwort: 
gänzliche Niederlage, Rückzug nach Königgrätz. So aufge- 
bauscht seit Monaten der Übermuth gewesen, so vollständig 
war jetzt der Umschlag; Bestürzung, Erbitterung, Haltungs- 
losigkeit traten weit und breit zu Tage.
	        
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