Unzulängliche Rüstung der Bundesstaaten. 11
diese Massen an die entscheidender Stelle, auf den böhmischen
Kriegsschauplatz, zu versetzen.
Allein je näher der Tag der ernsten Prüfung heran-
rückte, desto unsicherer gestaltete sich diese Aussicht, und man
muß es sagen, der Wiener Hof erndtete hier nach gerechtem
Gesetze, was er fünfzig Jahre hindurch selbst gesäet hatte.
Die Mittelstaaten hatten bis dahin unter dem Glasdache des
deutschen Bundes ein behagliches Dasein geführt; Osterreich
und Preußen schützten sie gegen das Ausland; so ersparten
sie ihren Unterthanen die Lasten eines wirksamen Heerwesens,
hielten auf dem Papier ihr Bundescontingent in schöner
Ordnung, und wenn einmal der Bund von Mobilmachung
redete, kam es vor, daß eine große Regierung in athemloser
Eile sich erkundigte, wo es Tuch= und Waffenfabriken gebe,
um Röcke und Gewehre für ihre Soldaten zu liefern. Wie
oft hatte Preußen auf eine Reform der Bundeskriegsver-
fassung angetragen, so daß eine gesetzliche Möglichkeit ge-
schaffen worden wäre, dieser schlaffen und trägen Wirthschaft
ein Ende zu machen, und die kleinen und kleinsten Staaten
zur Erfüllung ihrer Pflichten gegen die nationale Sicherheit
zu zwingen! Aber da dieses Ziel nicht erreichbar war, ohne
Preußen wenigstens im deutschen Norden gewisse Oberauf-
sichtsrechte über seine Nachbarstaaten zu gewähren, so hatten
Osterreich und der Bundestag jeden solchen Versuch im Keime
erstickt. Jetzt erlebten sie die Folgen: sie wünschten gegen
Preußen in das Feld zu gehen, und bei jedem Schritte fehlte
es an jedem Nothwendigen, und nachdem die Mehrzahl dieser
Staaten vor fünf Wochen die Mobilmachung ihrer Truppen
befohlen hatte, war man Mitte Juni doch an keiner Stelle
schlagfertig oder operationsfähig.