Abwendung Rußlands und Englands von Frankreich. 219
betonte nachdrücklich, daß die deutsche Bundesverfassung als
Theil der Wiener Congreßacte von 1815 nicht ohne Zustim-
mung der Mächte verändert werden könnte. Auch in Eng-
land waren die stets deutschfeindlichen Minister Gladstone
und Clarendon derselben Meinung, und Gortschakoff ersuchte
darauf Herrn Drouyn de Lhuys, gemeinsam mit Lord Claren-
don eine kurze und deutliche Note, betreffend die Unauflösbar=
keit des deutschen Bundes, zu entwerfen, und sie dann im
Namen der drei Großmächte an die preußische Regierung
gelangen zu lassen. Man kann sich denken, wie sympathisch
Drouyn de Lhuys einen solchen Vorschlag aufnahm. In
diesem Augenblick aber erfolgte, was wir vorher erzählt haben,
und offenbar war mit der von Napoleon jetzt übernommenen
Vermittlerrolle das von Gortschakoff angeregte Verfahren
unverträglich. Der Eindruck des einseitigen Vorgchens Napo-
leon's war der übelste in London wie in Petersburg; beide
Höfe beschlossen, sortan eine abwartende Haltung zu beob-
achten, und lehnten alle Aufforderungen Napoleon's ab, seine
Einwirkung auf das preußische Hauptquartier zu unterstützen.
Es kam dazu, daß gerade jetzt in England ein Ministerwechsel
eintrat, und das neue torystische Cabinet die preußische Politik,
wenn nicht zu fördern, doch sicher nicht zu bekämpfen gedachte.
Auch die öffentliche Meinung in England, früher durchaus
österreichisch, war durch die mächtigen Erfolge der preußischen
Waffen stark beeinflußt worden, und der neueste Schritt des
Wiener Hofes konnte diese Wendung nur verstärken. Eine
solche Demüthigung, sagten die „Times", sich unter französi-
schem Schutz zu verkriechen, ist unerhört in der Geschichte eines
großen Reiches. Und wie hier auf neutralem Boden, war
die Wirkung auf dem bisher feindlichen des deutschen Südens.