Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

220 Französische Vermittlung. 
Einen sehr erheblichen Beitrag zu dem dortigen Zorne gegen 
Bismarck hatte die Verläumdung geliefert, daß er gegen 
Osterreich mit Napoleon unter einer Decke auf Kosten deutsches 
Grenzlandes spiele: jetzt erblickte das Volk plötzlich umgekehrt 
Osterreich sich an Frankreich anklammernd, und Napoleon, 
gewiß nicht uneigennützig, gegen den preußischen Siegeslauf 
einschreitend. Das ganze frühere Mißtrauen gegen Berlin 
warf sich gewaltsam gegen Wien herum; lebhaft begehrte 
man raschen Friedensschluß mit Preußen, und kräftiges Zu- 
sammenstehen gegen die Einmischung des Auslandes. Vollends 
aber in Berlin und bald in ganz Preußen war die Erregung 
des nationalen Sinnes ebenso begeistert wie der freudige Stolz 
auf die Heldenthaten des Heeres. Keinen faulen Frieden! 
keinen französischen Frieden! das war der einstimmige Ruf, 
der bei dem Anblick der Moniteur-Note in Millionen Herzen 
widerhallte. 
Unter diesen Verhältnissen empfing König Wilhelm im 
Hauptquartier zu Horschitz das telegraphische Schreiben Napo- 
leon's. Gewöhnlich brauchte jedes Telegramm von und nach 
dem Hauptquartier 40 bis 48 Stunden, da die tschechischen 
Bauern unaufhörlich bald hier, bald dort die Drähte abrissen: an 
diesem denkwürdigen 5. Juli aber war die Leitung unversehrt, 
und Napoleon's Brief kam also nach wenigen Stunden in 
die Hand des Königs. Er war nicht weniger überrascht als 
die übrige Welt. Sein erster Ausruf war: Unglaublich! 
aber doch auch sein erster Gedanke, daß die sich hier auf- 
drängende Vermittlung nicht kurzweg abgewiesen werden könne. 
Einige rasch von ihm auf das Papier geworfene Notizen 
liegen vor; er fragt: was fordern wir? Die Antwort zeigt, 
daß er trotz aller Siege auf dem alten Standpunkt geblieben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.