Allgemeine Entrũstung in Italien. 223
schließen könne, wurde am 7. Juli der in den Tuilerien per-
sönlich beliebte Prinz Reuß mit einem eigenhändigen Briefe
des Königs nach Paris gesandt, mit sehr unbestimmten Mit-
theilungen über Preußens Forderungen für einen Friedens-
vertrag. Man erwarte, sollte Reuß erläutern, bei Napoleon's
Vermittlerstellung zunächst von ihm die entsprechenden Vor-
schläge.
Napoleon hatte nicht umhin gekonnt, die bedingungslose
Annahme seiner Vermittlung in der telegraphischen Antwort
des Königs dankbar anzuerkennen. Wäre nur auch, woran
ihm zur Zeit am Meisten gelegen war, der Waffenstillstand
ebenso unbedingt von Preußen genehmigt worden! Dies
stand nun freilich noch weit im Felde: leider ließ sich aber
nichts einwenden, wenn Preußen sich dabei auf eine Vertrags-
pflicht gegen Italien bezog, und vor jeder Entschließung dessen
Zustimmung begehrte. Und hier kam nun Napoleon's bitterste
Enttäuschung zu Tage: dieses bis dahin so reich begünstigte
und dafür stets so fügsame Italien, welchem Napoleon das
lange ersehnte Venedig endlich kostenfrei in den Schoß werfen
wollte, dieses Italien erhob sich plötzlich auf eigene Füße,
wies die schönen Erbietungen des Kaisers zurück und stellte
damit das ganze System der französischen Politik in Frage.
Eine überraschendere und widerwärtigere Wendung hätte
Napoleon nicht betreffen können.
So rauschend in Italien die Freude über Preußens
herrliche Siege gewesen, so heftig brauste das nationale Ge-
fühl gegen die Moniteur-Note in allen Theilen des Landes,
und nicht zum Mindesten bei der Armee auf, welche die
heißeste Sehnsucht empfand, die bei Custozza erlittene Scharte
wieder auszuwetzen. Statt dessen sollte sie jetzt unthätig