Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

Die Kalserin Eugenie. 235 
feindseligen Gesinnung so weit gehen würde. Dieses Mal 
aber hielt er sich der schönen Frau gegenüber standhaft und 
tapfer. Mit raschem Entschlusse ergriff er selbst die Offensive, 
und schilderte ihr die Gefahren, welche dem Kaiser aus dem 
Bruche, dem unter diesen Umständen für immer unheilbaren 
Bruche mit Preußen und Italien, erwachsen müßten. Er 
erinnerte sie, wie Napoleon's englisches Bündniß sich gelöst, 
wie ihm Rußland die Unterstützung Polens gedenke, wie 
Osterreich die Befreiung Italiens ihm niemals vergessen werde, 
er fragte, ob dies eine Lage sei, in welcher es Napoleon 
frommen könne, Italien eine Ehrlosigkeit zuzumuthen, den 
gerechten Siegesftolz König Wilhelm's tödtlich zu beleidigen, 
oder gar die Hand nach dem linken Rheinufer auszustrecken, 
und damit den unversöhnlichen Grimm der beiden großen 
Nationen diesseits und jenseits der Alpen auf sich zu laden. 
Am Schlusse des Gesprächs meinte er, nicht ganz umsonst 
geredet zu haben; wir werden bald sehen, daß ihn diese Vor- 
stellung nicht täuschte. 
Im Laufe des Vormittags am 10. Juli langte Prinz 
Reuß mit dem eigenhändigen Briefe des Königs in Paris 
an, und wurde nach wenigen Stunden vom Kaiser und gleich 
nachher auch von der Kaiserin empfangen. Das königliche 
Schreiben wiederholte die entgegenkommenden Zusicherungen 
des Telegramms vom 5. Juli: Napolcon erkannte dies an, 
und fragte sogleich nach den preußischen Bedingungen eines 
Waffenstillstandes. Reuß erwiderte, daß der König seinerseits 
jetzt von dem Vermittler Vorschläge erwarte; ein Stillstand 
sei übrigens nicht möglich ohne Zustimmung Italiens und 
ohne sichere Friedensbasis; was die letztere betreffe, so sei 
der König zu großer Mäßigung entschlossen, und demnach
	        
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