Umschlag der französischen Politik. 237
Drouyn de Lhuys hatte zunächst eine sehr scharfe In-
struction vorgeschlagen, mit welcher Benedetti in das preußische
Hauptquartier zu senden wäre. Würde Preußen sich nicht
sügen, so wäre dann das Bündniß mit Osterreich abzuschließen.
Da Reuß keine Vorschläge mitgebracht, sei es einleuchtend,
daß Preußen lediglich Zeit für seinen Triumphzug nach Wien
zu gewinnen trachte. Mit größtem Nachdruck aber wider-
sprachen ihm Rouher und Prinz Napoleon. Die alten Argu-
mente wurden wiederholt: durch ein solches Auftreten ver-
läugne der Kaiser seine ganze Vergangenheit, zerstöre, was
er in Italien lange Jahre hindurch geschaffen, und stürze
sich in einen Krieg, für welchen zur Zeit Frankreich nicht
gerüstet sei. Der Kaiser, innerlich auf das Höchste erregt,
schloß mit der Erklärung: das ganze System des 4. Juli
hat auf einer Täuschung beruht; wir müssen eilen, dasselbe
zu verlassen; Preußen begehrt durch Reuß meine Vorschläge,
sehen wir zu, wie weit wir uns darüber verständigen können.
Früh am Morgen des 11. Juli empfing Goltz ein
Telegramm aus dem Hauptquartier, welches ihm die Sendung
eines Feldjägers mit dem preußischen Friedensprogramm an-
kündigte. Er konnte die Ankunft desselben erst am Abend
des 12. erwarten; Napoleon beabsichtigte nächster Tage eine
Reise nach Nancy; Goltz bat also sofort um eine Audienz,
und erhielt die Antwort, der Kaiser habe seinerseits sie eben-
falls gewünscht. Vorher lud noch Drouyn de Lhuys, welcher
erst gestern den Grafen mit Kriegsdrohungen bestürmt hatte,
ihn zu sich, und sagte ihm verändertes Tones, der Kaiser
begehre, so bald wie möglich die preußischen Bedingungen zu
kennen, um sie nach Wien zu empfehlen, oder seine Vermitt-
lung als gescheitert aufzugeben. Dann kam Prinz Napoleon,