Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

18 Die Feldzugspläne. 
den sich Bayern im Fall eines Gebietsverlustes territoriale 
Entschädigung ausbedang, regte die Gemüther seiner Nach- 
barn bedenklich auf; vor Allem in Carlsruhe hielt man sich 
überzeugt, daß darunter der alte Wunsch nach der Erwerbung 
Heidelbergs und Mannheims verstanden sei. So ergab sich 
denn in dieser bundestreuen Coalition eine anmuthige Mannig- 
faltigkeit verschiedener Kriegszwecke, welche für die Energie 
der militärischen Operationen eigenthümliche Aussichten er- 
öffnete. Osterreich wünschte die gänzliche Niederlage des 
preußischen Rivalen, welche für den Kaiserhof mit der Be- 
herrschung von ganz Deutschland gleichbedeutend wäre. 
Bayern, nach seinem Streben auf Verewigung des Dualis- 
mus im Bunde, war sehr entschlossen, solche Pläne zu hindern 
und Preußen zwar zu schwächen, aber nicht allzu sehr besiegen 
zu lassen. Die Ubrigen richteten genau dieselben Erwägungen 
gegen Bayern, wie dieses gegen Hsterreich; sie strebten, nicht 
von Preußen, aber noch viel weniger von Bayern mediatisirt 
zu werden. So viel wir wissen, gab es unter diesen süd- 
deutschen Herren nur einen, dessen leitender Minister bei 
diesen Tendenzen mit klarem Bewußtsein schon damals auf 
französische Beschützung für den Nothfall rechnete: es liegt 
aber auf der Hand, wie einladend ein solcher Zustand den 
Gedanken Napoleon's bei seinem geheimen Vertrage vom 
12. Juni thatsächlich entgegenkam. Was hienach ein Unter- 
liegen Preußens in dem bevorstehenden großen Kampfe für 
Deutschlands Zukunft bedeutet hätte, wird keiner weitern 
Schilderung bedürfen. 
Wenn nach alle dem Österreich von seinen deutschen 
Verbündeten keine erhebliche Unterstützung zu erwarten hatte, 
so stellte sich auf der andern Seite schon vor dem Beginne
	        
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