Neue Wendung der preußischen Politik. 253
gegen die deutsche Einheit Bismarck genöthigt hat, für jetzt
auf andere Weise, durch Verstärkung der preußischen Haus-
macht, dem Könige die für Deutschlands Interessen erforder-
liche Machtstellung zu geben. Bismarck verzichtete damit
einstweilen auf die Heranziehung der Südstaaten in seinen
neuen Bund. Aber mit voller Sicherheit ist es auszusprechen,
daß er niemals den Gedanken einer bleibenden Zerreißung
Deutschlands gehabt hat. Wenn er sich jetzt zur Abwehr
einer französischen Einmischung auf eine feste Consolidation
des deutschen Nordens beschränkte, so verlor er doch keinen
Augenblick den Zusammenhang Gesammtdeutschlands und die
Verkörperung desselben in fester Rechtsform aus dem Auge.
Was ihn dabei von den Männern der Paulskirche unter-
schied, war nicht eine Meinungsverschiedenheit über das Ziel,
sondern die größere Elasticität, womit er die verschiedenen
Mittel und Wege auffand, und die Auswahl derselben den
Umständen anpaßte. Im Jahre 1850 hatte man dafür die
Formel des engern Bundes im weitern gehabt; 1866 dachte
Bismarck neben der Gründung des norddeutschen Bundes
an die Erneuerung des alten Bundestags, welcher dann
freilich nicht siebzehn, sondern nur fünf oder sechs Curien
haben würde, den Nordbund, Osterreich, die süddeutschen
Staaten. Die Ausgestaltung eines solchen Planes war in
seinem rastlos arbeitenden Geiste damals noch flüssig und in
jedem Augenblicke von den Verhältnissen abhängig. Aber
nach allen Seiten suchte er sich die Wege offen zu halten
und Anknüpfungen zu finden. Wenige Tage nach Königgrätz
hatte er Goltz beauftragt, bei seinem bayerischen Collegen in
Paris zu sondiren, ob nicht Pfordten jetzt geneigt sein würde,
sich bei der preußischen Bundesreform zu betheiligen, welche