Brief des Prinzen Napoleon an ben Kaiser. 259
seinem Innern organisiren will. Für einen Krieg also gegen
den Grundsatz der Nationalität, gegen die liberalen Ideen,
gegen den Willen Deutschlands, sich eine Verfassung nach
seinen Wünschen zu geben, sollte der Kaiser das Schwert
ziehen? Im Jahre 1792 bildete sich die Coalition, und erließ
der Herzog von Braunschweig sein berüchtigtes Manifest im
Namen des europäischen Gleichgewichts und zur Beseitigung der
revolutionären Verfassung, die sich Frankreich gegeben hatte.“
Es liege freilich, fuhr der Prinz fort, im französischen
Interesse, daß Deutschland getheilt bleibe, aber nur durch
Schonung, Milde und Geschicklichkeit sei das zu erreichen;
Drohung und Gewalt würden Alles verderben.
„Wer den Kaiser als Vertreter der europäischen und kleri-
kalen Reaction in Europa zu sehen wünscht, muß ihn zu einem
Bündniß mit dem österreichischen Cadaver und zu einem Kriege
gegen Preußen, Deutschland und Italien drängen. Diejenigen
aber, welche in ihm den erleuchteten Führer der Revolution,
der Freiheit und der Nationalitäten bewundern, der Grundsätze,
die seine wahre Größe bei der Nachwelt verkünden werden, diese
würden schwer betroffen an dem Tage sein, an dem er auf
eine Politik einginge, welche selbst bei augenblicklichem Triumphe
den echten Ruhm Napoleon's III. vernichten müßte.“
Unterdessen arbeitete Goltz den mit dem Kaiser verab-
redeten Entwurf der Friedensvorschläge aus. Er fand sich
dabei etwas im Gedränge zwischen den französischen Auße-
rungen und den Vorschriften seiner Instruction. Zwar in
der Selbstbeschränkung Preußens auf den deutschen Norden
und der größeren Selbständigkeit Süddeutschlands stimmten
Beide trefflich zusammen. Anders aber stand es mit der
Frage der von Bismarck jetzt in die erste Reihe gerückten