274 Die Friedensprälimlnarien.
Preußen, ohne Zuziehung der andern Höfe abmachen würde.
Benedetti's Schweigen hatte zur Zeit den ausreichenden
Grund, daß ihm Napoleon's Absichten über diese Fragen
völlig unbekannt waren: Bismarck aber, der an eine solche
Unwissenheit nicht recht glaubte, sah darin ein Anzeichen be-
denklicher Hinterhaltigkeit der französischen Politik. Am
15. Juli, demselben Tage, an welchem Gramont dem Wiener
Cabinet bereits das napolconische Friedensprogramm vom 14.
vorlegen konnte, empfing Bismarck erst ein Telegramm des
Grafen Goltz über sein Gespräch mit Napoleon am 11.
Darin fond sich nicht bloß kein Wort über die preußischen,
Goltz damals noch unbekannten, Annexionswünsche, sondern
der Botschafter erwähnte auch, daß Napoleon gegen die Aus-
schließung Osterreichs aus dem deutschen Bunde Bedenken
habe, und wenn Preußen zu hohe Forderungen stelle, eine
französische Kriegserklärung möglich sei. Das Alles ließ dem
Minister das Gelingen der französischen Vermittlung äußerst
mißlich erscheinen, und da er entschlossen war, ungebührliche
Zumuthungen auf jede Gefahr abzuweisen, so kam er auf
den Gedanken zurück, einen Versuch zu direrter Verständigung
mit Osterreich ohne französische Mitwirkung zu machen.
Gerade in diesen Tagen bot sich hiefür die Möglichkeit
einer außeramtlichen Anknüpfung. Börgermeister von Brünn
war Dr. Giskra, einst Abgeordneter zum Frankfurter Parla-
ment, seither Mitglied des österreichischen Reichsraths, ein
talentvoller, geschäftserfahrener Mann, der in der Pauls-
kirche das österreichische Interesse beredt verfochten hatte, in
Osterreich aber ebenso nachdrücklich den deutschen Standpunkt
vertrat. Bismarck beschied ihn zu sich, und forderte ihn auf,
nach Wien zu reisen, und dort, wenn möglich, Friedensver-