Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

22 Die Feldzugspläne. 
breite Aufstellung durch die nothwendige Benutzung aller 
Bahnen unvermeidlich geworden sei, erklärte ihm aber eben 
so bestimmt, daß der Beginn der Operationen nicht bloß von 
militärischen Erwägungen abhänge; nach diesen sei allerdings 
eine rasche Initiative zu begehren; an der Thatsache, daß 
Böhmen zwischen Schlesien und der Lausitz liege, könne nie- 
mand etwas ändern; folglich müßten unsere Heertheile ihre 
Vereinigung vorwärts in Feindesland suchen. · 
Am 11. Juni kam nach langer Ungewißheit die bestimmte 
Nachricht, daß die Hauptmasse der Osterreicher nicht in 
Böhmen, sondern in Mähren versammelt stehe. Moltke hatte 
es bisher für wahrscheinlich gehalten, daß Benedek so rasch 
wie möglich zur Offensive schreiten, durch Böhmen hin- 
durch Sachsen befreien und von dort auf Berlin marschiren 
wolle. Dazu paßte jetzt allerdings das Festkleben der Oster- 
reicher bei Olmütz nicht wohl; dies deutete vielmehr, wenn 
nicht auf volle Defensive, dann auf einen Angriffsplan gegen 
Schlesien. Es wurde also die Streitmacht in dieser Provinz 
jetzt auf vier Armeecorps verstärkt, zugleich aber die übrigen 
Heertheile etwas weiter nach Osten geschoben, um die Länge 
des überhaupt besetzten Bogens von sechzig auf fünf und 
vierzig Meilen abzukürzen. 
Indessen blieb an der schlesisch-mährischen Grenze fort- 
dauernd Alles in tiefer Ruhe, auch als der Bundesbeschluß 
vom 14. Juni den Ausbruch des Kriegs signalisirte; wohl 
aber verabredeten an demselben Tage, wie wir sahen, Benedek 
und von der Tann den Vormarsch von Olmütz nach Böhmen, 
und auch Moltke, sei es, daß er diesen Entschluß des Gegners 
erfuhr, oder daß er denselben errieth, kam auf seinen ursprüng- 
lichen Gedanken zurück, durch die Rücksicht auf Schlesien sich
	        
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