342 Erlöschen des preußischen Verfaffungsstreits.
die königliche Entscheidung, daß die zweite erlassen sei, und
noch mehr, daß die erste zurückgezahlt werden solle, wenn die
Stadt aus freien Stücken um ihren Eintritt in die preußische
Monarchie nachsuchen wollte. Darauf aber konnte Müller
nach seinen Instructionen nicht eingehen, und Bismarck sagte:
dann also bleibt die Contribution in unsern Cassen und
Frankfurt eine eroberte Stadt.
Während auf diese Art den bisherigen Gegnern Gnade
und Ungnade in wohlberechnetem Maaße zugetheilt wurde, er-
folgten entscheidende Schritte auf dem Gebiete der innern
preußischen Politik.
Der 3. Juli hatte der preußischen Regierung nicht bloß
den überwältigenden Sieg über Osterreich, sondern auch einen
durchschlagenden Erfolg gegen die heimische Opposition ge-
bracht. In denselben Stunden, in welchen die preußischen
Bataillone Osterreichs Heer zermalmten, erlitt die Opposition
bei den Landtagswahlen solche Verluste, daß die Regierung,
deren Partei in den Jahren des Verfassungsstreits zu Zeiten
bis auf eilf Köpfe geschmolzen war, beinahe für die Hälfte
des Abgeordneten-Hauses ihre Candidaten durchsetzte. Beie
einem solchen Zusammentreffen politischer und militärischer
Triumphe, wie viele der großen Eroberer alter und neuer
Zeit hätten der Versuchung widerstanden, nach Außen die
völlige Zertrümmerung des feindlichen Reiches und im Innern
den Sturz aller Verfassungsschranken sich vorzunehmen?
Aber Bismarck war aus anderem Stoffe geformt. Er
strebte nicht nach Weltherrschaft und nicht nach schrankenloser
Gewalt, sondern nach Sicherheit und Stärkung seines preußi-
schen Vaterlandes. So viel an Machtbefugniß und Land-
gewinn hiefür nöthig war, faßte er mit eisernem Griff —