Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

352 Erlöschen des preußischen Verfassungsstreits. 
Damals hatte eine machtlose Versammlung die deutschen 
Fürsten aus der Reichsregierung hinaus decretirt; jetzt gab 
ihnen ein mächtiger Sieger, allerdings unter seiner starken 
Leitung, die volle Theilnahme daran zurück. Daß der neue 
Bund weder despotisch nach Innen, noch offensiv nach Außen 
wirken würde, darüber ließen bereits diese Grundlinien keinen 
Zweifel: um so gewisser meinten die Zeitgenossen in dem 
volksthümlichen Parlament und dem preußischen Heerbefehle 
feste Bollwerke der künftigen Einheit zu sehen. 
An demselben 4. August geschah es, daß zwar nicht die 
preußische Regierung, wohl aber eine große Versammlung 
einflußreicher Notabeln den süddeutschen Stammesbrüdern zu 
praktischer Vereinigung die Hand über die Moinlinie hinüber 
reichte. 
Für den Augenblick hatte der Krieg die Bande zerrissen, 
welche den deutschen Zollverein seit den Verträgen von 1864 
zusammen schlossen. Aller Orten wurde die sofortige Her- 
stellung derselben als selbstverständlich angesehen, und ebenso 
lag überall der Gedanke in der Luft, daß auch hiebei der 
Segen der neuen Zeit sich wirksam erweisen würde. Wie 
der alte Bund, war ja auch der bisherige Zollverein wesentlich 
dadurch mit Unfruchtbarkeit geschlagen, daß nicht durch 
Mehrheits-, sondern nur durch einstimmigen Beschluß über 
wichtige Fragen entschieden werden durfte. Dies mußte und 
konnte jetzt anders werden. In Braunschweig tagten damals 
zu gemeinsamer Berathung die berufensten Vertreter und 
Sachverständigen dieser Interessen, der Ausschuß des deutschen 
Handelstags, der Ausschuß des volkswirthschaftlichen Con- 
gresses, der Ausschuß des Nationalvereins, dazu eine erheb- 
liche Anzahl von Fach= und Gesinnungsgenossen. Hier
	        
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