Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

362 Französische und russische Einwirkung. 
Schriftsteller, dachte bei seiner preußenfreundlichen Politik zu 
wenig an den dreißigjährigen Krieg, den herrschenden Moment 
in unserer Geschichte, weil er Frankreich erhoben und Deutsch- 
land ruinirt hat; er vergaß den westfälischen Frieden, der 
für zwei Jahrhunderte Deutschland zur Ohnmacht verurtheilt 
und uns erlaubt hat, den Krieg auf sein Gebiet zu tragen, 
und dort die europäischen Coalitionen zu bekämpfen und zu 
besiegen 1. Wir verstehen, setzte der Autor hinzu, daß Deutsch- 
land aus einem so entwürdigenden Zustand hinausstrebte: 
aber daß ein französischer Monarch es ruhig geschehen ließ, 
das ist unbegreiflich. 
Der andere Titel, nach dem sich Frankreich zur Forde- 
rung deutsches Landes berechtigt hielt, hieß Verpflichtung 
Preußens zur Dankbarkeit, weil Frankreichs Politik es an 
seinen Siegen nicht gehindert habe. Hienach hätten England 
und Rußland gleichen oder besseren Anspruch auf Land- 
abtretung gehabt, denn diese Mächte waren vom ersten bis 
zum letzten Tage streng neutral geblieben; Frankreich aber 
hatte seit Anfang Juni Preußen so viel, wie ohne offenen 
Kampf möglich war, zu lähmen versucht, hatte den Brief vom 
11. Juni gegen Preußens Bundesreform erlassen, am 12. Juni 
den geheimen, gegen Preußen und Italien feindlichen Vertrag 
mit Osterreich geschlossen, am 5. Juli die Moniteur-Rote ver- 
öffentlicht und Italien zum Abfall von Preußen gedrängt, 
und zuletzt durch seine Vermittlung den preußischen Einzug 
in Wien und den Eintritt Süddeutschlands in den neuen Bund 
verhindert. Daß also unter diesen Umständen in Paris die 
Abtretung rheinischer Landschaften als eine Dankespflicht 
Preußens betrachtet wurde, läßt sich nicht aus sachlichen Gründen, 
4) Rothan, Luxembourg, p. 59.
	        
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