Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

406 Die Friedensschlülsse. 
Napoleon lange abgelehnter, endlich nur zögernd angenommener 
Vorschlag Bismarck's gewesen. Sie hätten ebenso wohl Eng- 
land anklagen können, daß es Napoleon auf die Einverleibung 
des linken Rheinufers hingewiesen habe. Denn Lord Stanley 
sagte in jenen Tagen dem französischen Botschafter in London, 
wenn Frankreich nach Preußens Emporwachsen für sich eines 
Gewinnes durchaus bedürfe, so möge es nur nicht die Hand 
auf Belgien oder Constantinopel legen; diese Punkte könne 
England ihm nicht überlassen; wenn Frankreich aber deutsches 
Land einnähme, so würde England höchst wahrscheinlich keinen 
Widerspruch erheben. Wie man sieht, ist es auf beiden Seiten 
ganz genau derselbe einfache Vorgang. Frankreich sucht un- 
ruhig nach einem Landerwerb; jede der beiden Mächte sagt 
ihm in großer Freundlichkeit: ich bitte nur, an meine eignen 
Besitzungen oder Interessen nicht zu rühren; im Ubrigen gönne 
ich Euch alles Gute und Schöne. Vollends an ein Waffenbünd- 
niß mit Napoleon zur activen Durchführung der französischen 
Wünsche hatte Bismarck so wenig wie Lord Stanley gedacht. 
Übrigens war es dieses Mal nicht Drouyn de Lhuys 
gewesen, welcher die Sache in Paris betrieben hatte, sondern 
Rouher und dessen Partei. Auch sollte Benedetti nicht mit 
so kategorischer Festigkeit auftreten, wie am 5. August; er 
hatte vielmehr Weisung, wenn sich zu starker Widerstand 
drüben zeige, auf Saarlouis und Landau zu verzichten, und 
wenn die volle Annexion Belgiens auf ernste Hindernisse 
stoße, Antwerpen davon auszuschließen. Man setzte damals 
also nicht eben große Begeisterung bei Bismarck für die an- 
geblich preußische Erfindung, die belgische Annexion, voraus. 
Bismarck richtete sich zuerst bei Benedetti's Mittheilung mächtig. 
in die Höhe, und erklärte ihm sofort die absolute Unmöglich-
	        
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