Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

410 Die Friedensschlüsse. 
Ergebniß des Friedens in Wien als schmerzliche Niederlage 
empfunden wurde; erst allmählich konnte die Einsicht sich 
Bahn brechen, welche zwanzig Jahre später der geistreichste 
unter den österreichischen Staatsmännern dieser Generation 
im Parlamente unter allgemeiner Zustimmung aussprach: ich 
kenne keinen Menschen, welcher die von uns in Deutschland 
aufgegebene Stellung zurückwünschen möchte, nach dem ein- 
fachen Grunde, weil die Macht der Monarchie, trotzdem und 
gerade deswegen, nicht schwächer, sondern unvergleichlich stärker 
geworden ist:). Bezeichnend war es übrigens für die Wiener 
Stimmungen schon im Augenblicke des Prager Friedens, daß 
Graf Mensdorff in seinem Arger über Frankreichs Ver- 
fahren sich das kleine Vergnügen nicht versagte, von dem Ab- 
schlusse in Prag dem Herzog Gramont erst dann Kenntniß 
zu geben, nachdem dieser den französisch-österreichischen Vertrag 
am 24. August unterzeichnet hatte. Für die Frage der 
Schuldentheilung hatte Frankreich die preußische Fassung an- 
genommen; der Streit über die venetianische Volksabstimmung 
war durch die Bestimmung umgangen, daß Osterreich das 
Land einem französischen Commissar, dieser aber es der 
städtischen Behörde von Venedig zu freier Verfügung über- 
geben würde. 
An eben diesem Tage, dem 24. August, beendigte dann 
auch in Folge des Prager Friedensschlusses der Rumpf des 
alten Bundestags, noch sieben Gesandte, darunter drei von 
depossedirten Fürsten, im königlichen Schlosse zu Augsburg 
sein fragwürdiges Dasein, von Preußen besiegt, von Osterreich 
verachtet, von der Nation bereits vergessen. 
!) Graf Andrassy in der Delegation zu Pest, 24. November 1886.
	        
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