416 Die Friedensschküsse.
dem es die Begier nach fremdem Lande getadelt, bemerkt es,
daß Frankreich nur solche Annexionen gebrauchen könne, welche
seiner Bevölkerung gleichartige Elemente zuführen würden.
Dadurch mochte Deutschland sich beruhigt fühlen, um so
stärker aber wurde Belgiens Mißtrauen erregt. Dann endigt
die Depesche mit der Erklärung, daß in Folge der neuen
Verhältnisse Frankreich einer Verstärkung seiner Heeresmacht
bedürfe, einem Worte, an sich auch bei der größten Friedens-
sicherheit völlig begründet, das in diesem Zusammenhang aber
von allen Gegnern als schneidende Widerlegung aller voraus-
gehenden Friedensphrasen aufgefaßt wurde.
„Ich sah deutlich, schrieb damals Napoleon in einer nur
für die eigne Erwägung bestimmten Note, daß der Krieg mit
Preußen unvermeidlich war.“ Gewiß, unvermeidlich nach der
Stimmung fast aller französischer Politiker, gegenüber dem
festen Entschlusse Preußens, das Recht der deutschen Nation
auf ihre Existenz nicht erst von einer Erlaubniß Frankreichs
und einer dafür zu leistenden Zahlung abhängig zu machen.
Für den Augerblick freilich schien das Einvernehmen
der beiden Höfe so ungetrübt wie möglich, und bethätigte
sich auch in diesen Tagen mit bestem Erfolge bei der Be-
handlung der österreichisch-italienischen Friedensverhandlung.
Hsterreich hatte, wie wir sahen, von Anfang an eine
von der preußischen gesonderte Verhandlung verlangt; als
Ort derselben war eine Zeitlang Paris empfohlen, endlich
aber Wien festgesetzt worden. Am 28. August erschien dort
der italienische Bevollmächtigte General Graf Menabrea, und
trat mit dem Vertreter Osterreichs, Grafen Wimpffen, am
3. September zur ersten Conferenz zusammen. Als Einleitung
des Vertrags wurde die früher mit Frankreich verabredete