Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

422 Innere Entwicklung. 
mus auch jetzt ihre Rolle spielten, die individuelle Recht- 
haberei oder Gewissenhaftigkeit im Kleinen und Kleinsten, der 
doctrinäre Eifer für die theoretischen Grundsätze ohne Beach- 
tung der leidigen, Wirklichkeit, die Begeisterung für den großen 
Zweck mit Verwerfung der einzig möglichen Mittel. Manches- 
mal mochte Bismarck denken, seine braven Landsleute dürften 
ihm die Arbeit etwas leichter machen. Aber wie oft auch 
seine Nerven zuckten, hielt er an sich, um die Grundlage 
seines Werkes, die feste Einigkeit Preußens, nicht zu erschüttern. 
Und der Lohn blieb nicht aus: nach allen Wortgefechten 
sammelte sich, wie gesagt, in der Hauptsache fast immer eine 
patriotische Mehrheit um sein siegreiches Banmer. 
Am 18. August waren die Verhandlungen mit den nord- 
deutschen Kleinstaaten so weit gediehen, daß der definitive 
Abschluß des Bundesvertrags auf Grund der am 4. vor- 
gelegten Artikel erfolgen konnte. Nur die beiden Mecklen- 
burge waren noch rückständig, erklärten jedoch am 21. nach- 
träglich ihren Beitritt, wenn auch unter Vorbehalt der Zu- 
stimmung ihrer Stände. Welche Besorgnisse hier die Zurück- 
haltung hervorriefen, zeigten einige Wochen später die Be- 
rathungen und Beschlüsse ihres gemeinsamen Landtags. Der- 
selbe genehmigte den Beitritt, behielt sich aber die Beur- 
theilung der Beschlüsse des künftigen Bundesparlaments vor, 
und fügte sofort eine lange Reihe von Wünschen hinzu: es 
möge die Competenz der Bundesgewalt nicht über das Maaß 
der preußischen Vorschläge ausgedehnt, und dem Parlamente 
keine Einwirkung auf die Verfassung der Einzelstaaten zuer- 
kannt werden; der Anschluß an den Zollverein müsse von 
der Genehmigung des Landtags abhängen; die Bestimmungen 
über Freizügigkeit und Heimathsrecht gäben zu großen
	        
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