Creditforderung der Regierung. 443
nach Außen hin erheblich geändert; der Friede mit Osterreich
und den Südstaaten, war geschlossen, und die französische
Forderung der Rheinlande bis Mainz zurückgenommen. Allein
wir wissen, wie wenig damit eine völlige Beruhigung erreicht
war: die Verhandlung mit Frankreich über dessen zweiten
Compensationsantrag schwebte noch, und zwischen Osterreich
und Italien standen die Dinge so, daß Bismarck die Ab-
rüstung des preußischen Heeres aufschob. Die Regierung
hielt also wegen der Unsicherheit der Lage ihre Vorlage vom
28. Juli trotz der eingetretenen Fortschritte zum Bessern in
vollem Umfange aufrecht. Die siegreiche Offensive der Armee,
der gute Zustand des Staatshaushalts und die hervorragende
Fähigkeit des Finanzministers von der Heydt hatten es mög-
lich gemacht, einen Krieg, welcher eine europäische Großmacht
erstes Ranges zu Boden schmetterte, ohne Steuererhöhung,
ohne Anleihe und neues Papiergeld) zum Abschluß zu
führen. Die bis dahin aufgelaufenen Kosten wurden auf
rund 60 Millionen Thaler berechnet, wovon der Staats-
schatz 20, verschiedene andere Quellen 10 Millionen geliefert
hatten, oder zu liefern im Begriffe standen. Die übrigen
30 Millionen hatte Freiherr von der Heydt durch mannig-
faltige Finanzoperationen, so wie aus den Beständen und
Betriebsfonds der Staatsverwaltung beschafft, ohne daß bei
der kurzen Dauer des Kriegs eine Störung des Civildienstes
entstanden wäre. Es war einleuchtend, daß hiefür möglichst
bald Deckung herbeigebracht werden mußte. Dazu kamen
aber für die nächste Zukunft die Kosten der Abrüstung, der
1) Die in Folge der Verordnung vom 18. Mai in Umlauf gesetzten
Darlehnskassenscheine haben mit den Kosten des Kriegs und der Staats-
verwaltung nichts zu thun.