Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Fünfter Band. (5)

450 Innere Entwicklung. 
ging, ihn durch die Friedensbedingungen in vollständige Unter- 
werfung hinabzudrücken. Die Voraussetzung war allerdings 
begreiflich, in der That aber vollkommen irrig. König 
Johann war ein geistig und sittlich tief durchgebildeter 
Mann, dessen Seele ein Gefühl des Hasses überhaupt 
nicht kannte, und der gegen Preußen nur nach politischer 
lberzeugung in die Schranken getreten war. Als er seinen 
Minister von Friesen zur Friedensverhandlung nach Berlin 
sandte, sagte er ihm, er sei, so lange der alte Bund bestand, 
seinen Pflichten gegen das Bundesrecht nach Wissen und 
Gewissen nachgekommen; nach dessen Zertrümmerung sei er 
bereit, in den neuen Bund einzutreten, und in diesem mit 
gleicher Treue seine Bundespflichten zu erfüllen, vorausgesetzt, 
daß Preußen ihm dort eine Stellung einräume, die mit seiner 
persönlichen und fürstlichen Ehre vereinbar sei. Geschähe 
dies nicht, so würde er es vorzichen, auf die Herrschaft ganz 
zu verzichten. Damals und später hat er gezeigt, daß diese 
Worte im heiligsten Ernste gesprochen waren. 
Zunächst hatten seine Vertreter, Freiherr Friesen und 
Graf Hohenthal, in Berlin einen schweren Stand. Sie 
mußten lange Tage hindurch sich gedulden, ehe Bismarck 
ihnen ein erstes Gespräch bewilligte. Er wollte die Ver- 
handlung nicht vor dem Abschluß des Prager Friedens be- 
ginnen, um jede weitere Einmischung Osterreichs unmöglich 
zu machen. Als trotzdem Freiherr Brenner gleich nachher 
in Berlin ankam, um eine milde Behandlung Sachsens zu 
empfehlen, wies ihn Bismarck in scharfem Tone zurück. Er 
verstehe diesen Schritt Osterreichs in keiner Weise; nach den 
in Prag wiederholten Nikolsburger Bestimmungen habe 
Osterreich die Neuordnung Norddeutschlands durch Preußen,
	        
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