Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Benedetti's Berichte aus Berlin. 103 
Marquis Moustier erkundigte sich denn auch auf alle 
Fälle über die Ansicht der Großmächte hinsichtlich der Luxem- 
burger Annexion. Der englische Botschafter verhielt sich 
gleichgültig, der russische ermunterte zum Vorgehn. Dagegen 
sandte aus Wien Baron Beust eine dringende Warnung. 
Ein Land, schrieb er, mit deutscher Bevölkerung, früher zum 
deutschen Bunde, jetzt noch zum deutschen Zollverein gehörig, 
die Festung in preußischem Besitz, dies für Frankreich zu 
fordern, heiße Bismarck das Mittel geben, alle nationalen 
Leidenschaften in ganz Deutschland zu entflammen. Er bot 
also dem französischen Hofe seine guten Dienste für Berlin 
an. Moustier, der gerade von Beust stärkere Hülfe gegen 
Berlin erwartet hatte, war höchlich enttäuscht und verdrieß- 
lich, beschwerte sich, daß Beust Luxemburg ein deutsches 
Land nenne, was Bismarck nie gethan habe, und lehnte 
Osterreichs gute Dienste um so mehr ab, als eben jetzt ein 
erfreulicher Bericht Benedetti's über Bismarck's letzte Er- 
klärungen einlief. 
Benedetti meldete, Bismarck habe beklagt, daß sein 
Souverän über die Räumung der Festung nicht zum Ent- 
schlusse komme, während der Kronprinz jetzt günstiger gestimmt 
sei, da man zur Erhaltung des Friedens und zur Befestigung 
des Gewonnenen auf gutes Einvernehmen mit Frankreich 
bedacht sein müsse. Auch erkenne Bismarck an, daß Preußens 
Rechtstitel für eine Besatzung in Luxemburg zweifelhaft ge- 
worden sei. Wenn Holland selbst, sage er, den Abzug der- 
selben fordere, so würde sich Vieles erleichtern. 
In einer weiteren Depesche berichtete Benedetti, er habe 
eine Niederschrift dieser Außerungen dem preußischen Minister 
vorgelegt, und dieser die Richtigkeit anerkannt, mit der weiteren
	        
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