130 Luxemburg. 1867
die scharfe Seite hervorzukehren. Der Kriegsminister, Marschall
Niel, rief alle beurlaubten Officiere und Unterofficiere zu
ihren Truppentheilen zurück; einige Tage später fand in ganz
Frankreich eine Musterung der Reservisten Statt, und eine
officiöse Zeitung, der Constitutionel, brachte eine Erklärung,
daß die politische Lage bedenklich geworden sei 7.
Da weder König Wilhelm noch Bismarck vor einer
Drohung zurückzuweichen pflegten, so war zum zweiten Male
der Krieg in nahe Aussicht gestellt.
Es war Kaiser Alexander von Rußland, welcher jetzt
entscheidend zu Gunsten des Friedens eingriff. Auf eine
vertrauliche Erkundigung hatte er auch in Berlin günstige
Antwort erhalten, und obwohl Anfangs ebenso wenig wie
England zur Einmischung geneigt, erklärte er jetzt dem
Londoner Hofe, das einzige Mittel, Europa vor einem
gewaltigen Kriege zu bewahren, sei ein verbundenes Auftreten
der Großmächte. Die neutralen Höfe seien einstimmig darüber,
daß mit der Auflösung des deutschen Bundes Preußens
Besatzungsrecht in Luxemburg weggefallen sei. Wenn die
Mäachte dies als Rechtsansicht Europas aussprächen, so müßte
die öffentliche Meinung in Deutschland sich dabei beruhigen.
Hienach schlug Rußland eine Conferenz der Großmächte
vor, die in London auf der Basis der von Europa zu garantiren-
den Neutralität Luxemburgs, wonach sich der Abzug der Preußen
aus der Festung von selbst ergäbe, zusammentreten sollte. Es
war der erste Schritt zum Ausgleich; jedoch war auf dem
Wege dorthin noch manches Hinderniß zu überwinden.
) Marschall Niel erklärte der Kammer am 16. Juli 1867, Frank-
reich habe am 1. April 385000, am 15. Mai aber 455000 Mann
unter den Fahnen gehabt. Also eine Vermehrung von 70000 Mann,
wenn die Zahlen richtig waren.