Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

136 Abschluß der norddeutschen Bundesverfassung. 1867 
worden — und wenn die Aufnahme den Gesetzcharakter 
zweifelhaft läßt, so ist nichts sicherer, als daß die Nichtaufnahme 
ihn ausschließt. Der wesentliche Gedanke, welchen die Ordre 
von 1819 für die Landwehr durchführt, ist der Satz, daß 
ihre Infanterie der acht Armeecorps in den Provinzen dieselbe 
Zahl der Bataillone, Regimenter und Brigaden mit gleicher 
Kriegsstärke haben soll, wie sie die Linie das Jahr zuvor 
erhalten hat. Offenbar folgt daraus, auch wenn die Ordre 
als Gesetz zu betrachten wäre, nicht im Mindesten der Schluß, 
mit der gesetzlichen Feststellung der Landwehr-Regimenter sei 
auch die Formation der Linientruppen gesetzlich festgelegt. 
Höchstens ließe sich aus der geforderten Gleichheit beider 
folgern, es müßte auch künftig mindestens ebenso viele Linien- 
wie Landwehrbataillone geben, oder umgekehrt, es müßten 
bei einer Vermehrung der erstern auch die letztern entsprechend 
vermehrt werden. Nimmermehr aber läßt sich aus der 
Ordre von 1819 die Nothwendigkeit eines Gesetzes für jede 
neue Organisation oder jede Vermehrung der Linientruppen 
ableiten. 
Sicher ist 1819 der König selbst nicht dieser Meinung 
gewesen. Dies steht fest durch die Thatsache, daß er gleich 
in den beiden folgenden Jahren mehrere Linienregimenter 
neugeschaffen oder umgestaltet, sowie, daß er der Garde- 
Landwehr in Abänderung der Ordre von 1819 eine neue 
Formation gegeben hat, Alles durch Ordres, welche nicht in 
der Gesetzsammlung publicirt sind, also nur den Charakter 
von königlichen Verordnungen haben. Friedrich Wilhelm III. 
ist weit von dem Gedanken entfernt gewesen, daß er seit 
dem 22. December 1819 nur auf dem Wege der Gesetzgebung 
an seiner Heerverfassung zu ändern befugt sei.
	        
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