Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Sechster Band. (6)

1867 Die Fortschrittspartei. 139 
nähere Erörterung einzulassen, rief er den Nationalliberalen 
zu, wer an diesem Punkte nachgebe, habe den Ruhm der 
liberalen Gesinnung und damit die Achtung der Nation 
verwirkt. Dieser Reichstag sei gewählt, um eine Verfassung 
zu berathen; wie dürfe er sich herausnehmen, ein Armee- 
gesetz zu beschließen, was ihm hier zugemuthet werde? Und 
zwar ein Gesetz, welches alle die von der preußischen Volks- 
vertretung fünf Jahre lang mannhaft vertheidigten For- 
derungen des Volkes, die zweijährige Reservezeit, die Belassung 
der Landwehr in ihrer historischen Stellung und die Erhaltung 
der großen Gesetze von 1814 und 1819 mit einem Streiche 
zerschlage, und über die Formation des Heeres die nackte 
Anerkennung der gesetzwidrigen Reorganisation enthalten solle. 
Das solle geschehn von einem Reichstag, dessen nichtpreußische 
Mitglieder gar keine Kenntniß von diesen ebenso verwickelten 
wie wichtigen Sachen hätten. Das Alles sei unerhört. Vollends 
aber der Antrag, die Stärke des Friedensheers für immer auf ein 
Procent der Bevölkerung und die Kosten auf 225 Thaler für jeden 
Kopf der Mannschaft zu fixiren, sei gleichbedeutend mit der 
Vernichtung des Budgetrechts!); hier dürfe auch (gegen die 
Nationalliberalen gewandt) von Compromissen und Vermitt- 
lungen keine Rede sein; unerschütterlich, wie das Volk es 
begehrt, müßte der Reichstag auf seinem Rechte bestehn, 
) Im Verlauf der Debatte erläuterte Wiggers dies ziffermäßig 
dahin, daß nach Abzug der Ausgabe für Heer und Marine der Reichs- 
tag nur noch über eine Million Thlr. budgetmäßig zu verfügen haben 
werde, setzte freilich hinzu, daß vielleicht die Zölle künftig einige Über- 
schüsse liefern möchten. 
Das Budget des deutschen Reichs für 1892/93 stellt sich auf 
1200 Mill. Mk., davon 4—500 für die Armee. Wäre der Entwurf 
von 1867 unverändert geblieben, so hätte der Reichstag immer noch 
über ein recht stattliches Budget von 7—800 Mill. Mk. zu beschließen.
	        
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